Archetypen machen es leicht, erfolgreich Geschichten zu erzählen. Sie repräsentieren Bilder von Heldinnen und Helden, in denen sich das Publikum sofort wiedererkennt – die Weise, der Narr, die Liebende, der Rebell. Archetypen (Download hier) lassen sich auf Menschen übertragen, auf Unternehmen, auf Marken.
Wer einmal mit Archetypen Storys entwickelt hat, weiß, wie angenehm die Arbeit mit ihnen ist, auch wenn die Zuordnung nicht immer leichtfällt und eindeutig ist. Versuchen Sie doch einmal, sich selbst oder Ihre Lieblingsmarken im Zirkel der 12 Archetypen zu entdecken!
Meiner Erfahrung nach geht es bei beim Storytelling mit Archetypen vor allem darum, eine Grundrichtung festzulegen. Wie wollen wir unser Unternehmen positionieren? Wollen wir lieber Schöpfer sein oder Entdecker? Eine Kombination aus beidem?
Geschichten von Kontrolle, Freiheit, Wandel und Ordnung
Danach ein Realitätscheck, schließlich hängt von dieser Entscheidung die gesamte Unternehmensstory ab. Passt das zu uns? Entspricht es unseren Möglichkeiten und Fähigkeiten? Sind wir denn wirklich so? Noch ein Blick auf die dunkle Seite unserer Möglichkeiten: Wie sieht unser Schatten aus bzw. unsere Schwäche?
Wie erzählen wir unsere eigene Biographie? Jedermann, der bei allen gut ankommt oder Rebell, der bei vielen aneckt, dafür aber der Welt seinen Stempel aufdrückt? Herrscher, der alles kontrolliert, oder Zauberin, die mit Staunen oder Manipulation Macht erwirbt? Jede Persönlichkeit schillert – aber welcher Archetyp entspricht uns am ehesten? Andere sehen das häufig viel deutlicher als wir selbst. Sie sind unsere Spiegel.
Ausführlich beschrieben hat die Archetypen der Psychologe C.G. Jung. Er hat gezeigt, wie jeder von ihnen eine Geschichte erzählt – von Kontrolle oder Freiheit, von Wandel oder Ordnung.
Spannung entsteht durch die Kombination der hellen und der dunkeln Seite eines Archetypen
Generell ist es wichtig, Archetypen als Grundmuster beim Storytelling spezifisch und individuell zu gestalten. So bekommen sie einen höheren Grad von Echtheit. Dabei hilft ein Blick auf die dunkle Seite.
Die dunkle Seite ist die Schwäche, die jedem Archetypen notwendig innewohnt. Das ist ein Punkt, der häufig unter den Tisch gekehrt wird, der aber gerade im Kontext von Storytelling ein besseres Gefühl für den Archetypen gibt.
Wenn wir uns also für einen Typus entscheiden und zum Beispiel unsere Markenstory darauf zuspitzen, dann bitte auch die Gefahr, die in diesem lauert zumindest reflektieren. So entstehen Spannung und Realitätsnähe. Wir alle kennen dieses Kippbild von heller und dunkler Seite aus eigener Erfahrung.
Drei Beispiele
OpenAI
Man könnte sagen: Mit ChatGPT hat OpenAI sich als Magier etabliert. Das ist der Archetyp des Unternehmens – hier wird gezaubert. Viele nehmen es ja genau so wahr. Wo ist die Gefahr? Manipulation. Auch das wird von den Nutzern deutlich gesehen.
Daher ist es ratsam, diese beiden Seiten im Storytelling des Unternehmens unbedingt aufzugreifen und die dunkle Seite nicht den anderen zu überlassen. Denjenigen, die OpenAI angreifen und kritisieren. Genau das macht OpenAi ja auch.
Dune
Die Heldenfigur im Dune-Epos ist Paul Atreides. Etwas spezifischer: Er verkörpert den Rebellen, denjenigen, der antritt, um die bestehende Ordnung niederzureißen. Seine Gründe sind zutiefst moralisch: Er will eine bessere Welt. Außerdem geht er in den Spuren einer Geschichte, die ihm zugeschrieben wird: Er ist der Auserwählte.
Paul Atreides ist deswegen als Figur so spannend, weil in ihm diese Gefahr schlummert, auf die dunkle Seite zu geraten und mehr zu zerstören als aufzubauen. Darüber hinaus repräsentiert er einen Mix aus Archetypen, der reizvoll ist: Er pendelt zwischen Rebell, Liebendem und Herrscher.
Helena
Die Figuren der griechischen Mythologie sind durchweg archetypisch. Helena, deren Entführung den Trojanischen Krieg auslöst, ist die typische Liebende. Die Entführung selbst ist nicht schwer, denn sie verliebt sich in Paris und folgt ihrem Herzen.
Die dunkle Seite: Sie ist bereits verheiratet und ihr Mann, der Spartanerkönig Menelaos, belagert mit dem griechischen Heer zehn Jahre lang Troja, um sie zurückzuholen. Insofern kann die Ilias von Homer auch als Geschichte über die helle und die dunkle Seite des Archetypen der Liebenden gelesen werden.
Die 12 Archetypen mit Beispielen:
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Der Unschuldige
Der Unschuldige ist neugierig, spontan und optimistisch. Seine wichtigsten Werte sind Glück und Vertrauen. Ein typischer Unschuldiger ist der Dalai Lama. Marken, die zu diesem Archetypen zählen, sind McDonalds und Evian. Die Schwäche: Angst, etwas falsch zu machen.
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Der Weise
Dem Weisen geht es vor allem um die Wahrheit. Durch Intelligenz und analytische Fähigkeiten will er die Welt erkennen. Ein typischer Weiser ist Albert Einstein. Marken, die zu diesem Archetypen zählen, sind TED und die London School of Economics and Political Science. Die Schwäche: Emotionalität wird zu schwach bewertet.
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Der Entdecker
Der Entdecker muss hinaus in die Welt. Er geht auf die Reise, probiert Neues aus und will sich selbst finden, indem er die Welt entdeckt. Typische Entdecker sind Jane Goodall und Reinhold Messner. Marken, die zu diesem Archetypen zählen, sind Virgin und The North Face. Die Schwäche: Zielloses Umherwandern, der Wert der Heimat wird unterschätzt, der Basis für alle Entdeckungen.
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Der Rebell
Sein Motto ist: Regeln sind da, um sie zu brechen. Sein Vorgehen ist radikal – Disruption, Revolution oder Schock. Er will überwinden, was aus seiner Sicht nicht funktioniert. Typische Rebellen sind Elon Musk oder der junge Steve Jobs. Marken, die zu diesem Archetypen zählen, sind Harley Davidson und Tesla. Die Schwäche: Auf die dunkle Seite geraten und lediglich zerstören.
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Der Zauberer
Der Zauberer macht Dinge möglich, die andere nicht für möglich gehalten hätten. Er will die Regeln des Universums verstehen, um die Welt zum Guten zu verändern. Ein typischer Zauberer ist der gereifte Steve Jobs. Marken, die zu diesem Archetyp zählen, sind Apple und Google. Die Schwäche: Zum Manipulator werden.
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Der Held
Sein Motto ist: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Der Held entwickelt als Kämpfer eine Meisterschaft darin, etwas zu lernen, das die Welt verändert, und er hat keine Angst vor schwierigen Situationen. Ein typischer Held ist Basketballer Dirk Nowitzki. Marken, die zu diesem Archetyp zählen, sind Porsche und Nike. Die Schwäche: Arroganz, sich über diejenigen stellen, die (noch) keine Helden sind.
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Der Liebende
Der Liebende ist leidenschaftlich und verführerisch. Indem er in einer Beziehung mit Menschen ist, gibt er diesen das Gefühl, einzigartig zu sein. Eine typische Liebende ist Marilyn Monroe. Marken, die zu diesem Archetyp zählen, sind Agent Provocateur und Chanel. Die Schwäche: Sich selbst verlieren.
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Der Narr
Der Narr sucht das Vergnügen, die Freude. Ihm ist die Sympathie anderer Menschen wichtig, deshalb unterhält er sie. Und er genießt den Augenblick. Ein typischer Narr ist Stefan Raab. Marken, die zu diesem Archetyp zählen, sind Media Markt und Axe. Die Schwäche: Zynismus, der Glaube, dass tiefere Werte keine Relevanz haben.
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Der Jedermann
Er ist der unauffällige Mitbürger, ein Demokrat, der Vorrechte und Privilegien negiert, bodenständig. Ein loyaler Begleiter. Typische Jedermänner sind die Albrecht-Brüder, die Aldi gegründet haben. Marken, die zu diesem Archetyp zählen, sind VW und IKEA. Die Schwäche: Oberflächlichkeit.
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Der Betreuer
Er kümmert sich fürsorglich und einfühlsam um andere, will helfen, unterstützen, anderen Schutz geben. Eine typische Betreuerin oder Fürsorgliche war Prinzessin Diana. Marken, die zu diesem Archetyp zählen, sind der ADAC und Dove. Die Schwäche: Selbstaufopferung.
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Der Herrscher
Der Herrscher strebt nach Kontrolle und Macht, zugleich aber auf ein harmonisches Umfeld. Er versucht, seine Macht für Gutes zu nutzen. Etwa für eine florierende Gemeinschaft. Typische Herrscher sind Angela Merkel und Winston Churchill. Marken, die zu diesem Archetyp zählen, sind Mercedes Benz und Rolex. Die Schwäche: Machtmissbrauch.
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Der Schöpfer
Experimentierfreude und Kreativität sind die Markenzeichen dieses Archetyps. Schöpfer sind Erfinder, Bauer und Künstler, sie wollen eine Vision in die Tat umsetzen. Ein typischer Schöpfer ist Leonardo Da Vinci. Marken, die zu diesem Archetyp zählen, sind Andy Warhol, J.K. Rowling und Faber Castell. Die Schwäche: Perfektionismus und das fehlende Gefühl für das negative Potenzial ihrer oder seiner Innovationen.
Fazit: Archetypen erlauben zugleich eine spielerische und strukturierte Annäherung an Geschichten. Sie sind intuitiv, universell und lenken den Blick automatisch auf die Story. In Verbindung mit den 7 Master Plots und dem Golden Circle sind sie die perfekten Basis-Tools für Storyteller.