Das Framing Sandwich entdeckte ich im geleakten Framing-Manual für die ARD. Die Idee des Framing Sandwiches besteht darin, Fakten mit einer Moral oder mit Werten zu koppeln bzw. zu rahmen (Framing). So erscheinen sie bedeutender, vielleicht auch dringlicher. Die Fakten erhalten durch Frames überhaupt erst eine Bedeutung, sagen Experten für diese linguistische Methode, die ihre Erkenntnisse auf Gehirnforschung stützt.

Ein einfaches Beispiel für ein Frame ist ein Glas mit Wasser. Ist es halbvoll oder halbleer? Es ist auf jeden Fall nicht nur halb. Das wäre eine neutrale Aussage, aber leider unverständlich. Also sagen wir halb voll. Oder halb leer. Halb voll oder halb leer rahmt die Fakten deutlich, positiv oder negativ. Ist also wertend. Genau um diesen Effekt, der in den meisten Fällen unbewusst wirkt, geht es.

Elisabeth Wehling servierte der ARD ein Framing Sandwich, das den Öffentlich-Rechtlichen im Hals stecken blieb (doch das ist eine andere Story). Ihr Auftrag lautete: Helfen Sie uns, den Mehrwert der ARD herauszustellen. Wir stehen in der Kritik. Was sollen wir tun, wie argumentieren wir? Wehling Vorschlag: Rahmen wir doch einfach die Fakten mit „moralischen Prämissen“.

Guter Ansatz, finde ich. Wenn auch nicht so elegant wie Storytelling. Schade nur: Wehlings Konzept für die ARD wirkt über weite Strecken unfreiwillig komisch.

Sehen wir uns mal an, wie das im Februar 2019 geleakte Dokument der Framing-Expertin das Framing Sandwich erläutert.

Nach diesem Muster funktioniert das Framing Sandwich:

  1. Ein moralischer Claim, ausführliche Version
  2. Alle relevanten Details zu einem bestimmten Thema
  3. Ein moralischer Claim, kurze Version

Fertig ist das Sandwich.

Beispiel ARD Framing Sandwich, Langversion:

„Moralische Prämisse: Alle Bürger sind gleichermaßen relevant und wertvoll. Daraus folgt das moralische Framing: Das Gleichwertigkeitsprinzip.

Der gemeinsame Rundfunk ARD ist von allen, mit allen und für alle Bürger organisiert. Also gilt das Gleichwertigkeitsprinzip: Jeder Mensch ist gleichermaßen relevant.

Jeder hat gleichermaßen das Recht auf Schutz und Befähigung durch eine gemeinsam organisierte, freie und menschlich wohlwollende mediale Infrastruktur ARD.

Aus diesem Grund, …

Fahren Sie fort, indem Sie Ihre auf dem Gleichwertigkeitsprinzip gründenden Haltungen aufzeigen.

Werden Sie innerhalb der Themen konkret:

Welche Zahlen gibt es, welche Umfragestudien-Ergebnisse zeigen, dass die ARD dem Gleichwertigkeitsprinzip treu ist und andere nicht?

Welche Erkenntnisse gibt es dazu, was mit einer Gesellschaft geschieht, die keine Gleichwertigkeit der Menschen in ihrer medialen Infrastruktur vorsieht bzw. gar keine solche Infrastruktur hat, die Menschen gleichermaßen Zugang zu freier Information, Kultur und bildender und menschlich wohlwollender Unterhaltung garantiert?

Enden Sie mit einer Wiederholung des moralischen Framings: Das Gleichwertigkeitsprinzip.“

Beispiel ARD Framing Sandwich, Kurzversion:

„In unserem ge­meinsamen Rundfunk sind alle Menschen gleich viel wert. Man darf keinem von ihnen den Zugang zu einer guten medialen Infrastruktur ARD entziehen – egal wo sie wohnen, wie alt sie sind, ob sie ein körperliches Handicap haben oder über welche Kanäle sie auf die gemeinsame Information, Unterhaltung, Bildung und Kultur zugreifen wollen. Wer Bürger ausschließen will, der bricht mit dem Gleichwertigkeitsprinzip.“

Den Blick aufs Große Bild lenken

Ist das jetzt Storytelling? Nicht wirklich. Das Framing Sandwich ist eher eine argumentative Figur. Ein eleganter Psychotrick. Der meiner Meinung nach in der Kurzversion viel besser funktioniert als in der Langversion. In der Langversion ist das Sandwich so dick, dass ich es kaum in den Mund bekomme.

Was mir grundsätzlich an dieser Technik gefällt ist, dass der Blick auf das große Bild gelenkt wird. Ganz ähnlich wie beim Golden Circle, bei der Metapher oder bei der Obama-Methode. Doch die machen einen großen Unterschied: Klug eingesetzt erzählen sie die Geschichte hinter der Geschichte. Sie hauchen den Fakten Leben ein, transportieren deren Geist und Gefühl, anstatt die Fakten nur moralisch zu begründen.