Storytelling für Start-ups – worauf kommt es an, um Investoren, Kunden, Mitarbeiter, Partner oder Presse zu überzeugen? Darüber sprach ich mit Dr. Aline Vedder, VC Investment Manager bei Ananda Impact Ventures in München.
Ein Start-up ohne eine Story ist …?
… über kurz oder lang nicht überlebensfähig. Für uns als Investoren ist eine unschlüssige Story auch oft ein wichtiges Warnsignal.
Warum ist das so?
Gründer, die ihre Geschäftsidee beziehungsweise ihr Geschäftsmodell nicht in Worte fassen können, kämpfen oft mit deutlich tiefergehenden Problemen. Entweder geht das Geschäftsmodell noch nicht auf oder der Markt ist nicht verstanden oder es ist nicht klar, welches Problem überhaupt gelöst werden soll. Das spiegelt sich dann oftmals in der Schwierigkeit der Gründer wider, die eigene Geschichte kohärent zu erzählen. Jeder Gründer sollte sich darin üben, seine Idee in wenigen Minuten auf den Punkt bringen zu können. Als Investoren hören wir jede Woche eine Vielzahl von Pitches und es hilft, wenn ein Gründer dich schnell mit seiner Geschichte abholen kann.
Gilt das generell oder nur für Impact Startups?
Jedes Startup muss seine Geschichte erzählen können. Mit einer guten Story werden nicht nur Investoren abgeholt, sondern genauso Kunden, Mitarbeiter, Presse und mögliche Partner. Als Wagniskapitalgeberin bei Ananda Impact Ventures investiere ich in Impact Startups. Das sind Unternehmen, deren Geschäftsmodell im Kern eine positive gesellschaftliche Wirkung entfaltet. Die Unternehmen, in die wir investieren, adressieren die großen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit. Zu unseren Investmentfeldern zählen die Bereiche Digital Health, Education, Ageing, Future of Work und nachhaltiger Konsum. Das sind Themen, die uns alle betreffen und entsprechend stärker mit Emotionen besetzt sind als eine neue Accounting Software oder E-Commerce Plattform. Im Storytelling ist das bestimmt ein gewisser Vorteil.
Behinderungen in Superkräfte verwandeln: Prothesen, die Geschichten erzählen
Was ist für dich z.B. eine überzeugende Start-up Story?
Wir haben zuletzt in Open Bionics investiert, ein britisches Unternehmen das 3D gedruckte bionische Prothesen anfertigt. Durch die Technologie des 3D Drucks können diese Prothesen weitaus günstiger angefertigt werden als bei traditionellen Herstellern und sind entsprechend auch erschwinglicher für den Endkunden. Open Bionics hat es sich zur Mission gemacht, Behinderungen in Superkräfte zu verwandeln. Das Unternehmen hat verschiedene Licensing Agreements geschlossen und bietet für jede Prothese austauschbare Schienen, z.B. im Star Wars, Marvel Iron Man oder Disney Frozen Design an. Diese Prothesen sind besonders bei Kindern beliebt und schenken ihnen neues Selbstvertrauen. Die Geschichte ist stark, weil durch Technologie ein innovatives neues Produkt entsteht, das auf einen großen Markt trifft. Gleichzeitig wird ein elementares menschliches Bedürfnis bedient, das Bedürfnis sich gleichwertig zu fühlen. Durch geschicktes Branding findet eine Neu-Definition dessen statt was wir unter Behinderung verstehen.
Gibt es ein Muster, eine Vorlage, ein Rezept für überzeugende Start-up Storys?
Überzeugende Start-up Storys müssen Relevanz besitzen und Emotionen wecken. Dies geschieht dann, wenn ein Unternehmen einen klaren Fokus darauf hat, welches Problem es lösen will und für welche Kundengruppe. Dazu gehört auch ein glasklares Verständnis der Gründer für die Lebensrealität ihrer Zielgruppe und den Markt, in dem sie sich bewegen. Diese verschiedenen Perspektiven erfolgreich zusammenzuführen und in ein funktionierendes Geschäftsmodell zu übersetzen, ist für mich das Grundrezept für eine erfolgreiche Story.
Gerade junge Unternehmen schreiben ihre Story ständig fort und müssen diese ständig schärfen
Welche Rolle spielt die Verknüpfung mit den Biographien der Gründer?
Die Gründer, in die wir investieren, sind sehr stark von ihrer Vision und Mission getrieben. Bei vielen ist die Gründungsidee auch Teil der eigenen Biographie, etwa weil sie bestimmte Probleme am eigenen Leib erfahren haben. Die Gründer von Careship, einem unserer Investments im Pflegebereich, wurden zum Beispiel selbst damit konfrontiert, dass ihre Großmutter pflegebedürftig wurde und konnten keine geeignete Pflegekraft für sie finden. Aus der eigenen Not heraus, haben sie sich deshalb entschlossen, eine Plattform für Pflegekräfte zu gründen. Inzwischen haben sie mit Ananda, Creandum und Spark Capital eine Reihe von starken Investoren an Board. Unsere Erfahrung hat uns gezeigt, dass missionsgetriebene Gründer oft auch die besseren Unternehmer sind, da sie mit Leib und Seele für ihr Thema brennen und diese Determination auch dann nicht aus den Augen verlieren, wenn sich erste Schwierigkeiten auftun.
Helft ihr Unternehmen, in die ihr investiert, deren Story zu verbessern? Wie geht ihr dabei vor?
Als Investoren sind wir Sparring-Partner für unsere Portfolio-Unternehmen. Gerade junge Unternehmen schreiben ihre Geschichte ständig fort und müssen diese auch immer wieder schärfen, z.B. wenn es um neue Produkt-Features, Finanzierungsrunden oder möglicherweise sogar einen Exit geht. Als Investor ist es unsere Aufgabe, diesen Prozess zu begleiten und z.B. Feedback zu Pitchdecks und anderen zentralen Unterlagen zu geben sowie die Gründer für Pressegespräche oder auch Verhandlungssituationen zu coachen.
Für Gründer wird es zunehmend wichtig, welchen Impact ihr Unternehmen hat
Was ist eure Story, mit der ihr Start-ups überzeugt, zu euch zu kommen?
Ananda Impact Ventures ist ein Wagniskapitalgeber mit Sitz in München und London. Wir sind ein sehr unternehmerisch geprägtes Team und haben große Leidenschaft für das, was unsere Impact-Unternehmen tun. Wir sind überzeugt davon, dass Impact Investing das neue Normal für Investoren und Unternehmen wird. Für Gründer wird es zunehmend wichtiger, welchen Impact ihr Unternehmen hat. Daher bewegen wir uns in einem absoluten Zukunftsmarkt. Wir investieren inzwischen aus unserem dritten Fonds und verfügen entsprechend über das notwendige Netzwerk, Wissen und Kapital, um Startups auf ihrem Wachstumspfad zu begleiten. Wir sind stolz darauf, dass wir in den vergangenen 10 Jahren erfolgreich zeigen konnten, dass finanzielle Renditen im Impact Investing Bereich traditionellen Investment Renditen in nichts nachstehen müssen.