Eine Frage, die mir in letzter Zeit immer häufiger gestellt wird: Sag doch bitte mal, was sind typische Storytelling-Fehler? Und was lässt sich dagegen tun? Okay, hier kommt die Fortsetzung meiner sieben Story-Todsünden. Eine Reihe von Fehlern und Fallen, die ich zu gut aus eigener Erfahrung kenne: 5 verlockende Storytelling-Fehler.

Storytelling-Fehler Nr. 1: Ich erzähle einfach, wie es war

Erzählen, wie es war – das klingt logisch, wird aber bei näherer Betrachtung knifflig. Gerade deswegen, weil Erzählen selbst schon die Dinge aus einer Perspektive betrachtet, sie färbt. Wenn drei Zeugen von einem Unfall berichten, dann erzählen auch alle, wie es war. Trotzdem hört man nicht notwendig die gleiche Geschichte. Im Gegenteil. Objektivität wird ein schwer zu fassendes Gespenst.

Mein Tipp: Lieber erzählen, was relevant ist für das Ziel, das ich mir mit meiner Story setze. Es ist klug, eine Geschichte vom Ende zu denken und sich zu fragen: Was brauche ich denn, um zu diesem Ende zu kommen? Dabei geht es nicht um Manipulation, sondern um Folgerichtigkeit – genau wie bei einer Strategie für ein Unternehmen oder ein Produkt. Ist diese Auswahl getroffen, empfehle ich, eins der sieben Grundmuster für Geschichten anzuwenden, damit die Geschichte eine klare Ordnung und Emotion bekommt. Zentrale Voraussetzungen dafür, dass Resonanz beim Publikum entstehen kann und die Story wirkt.

Storytelling-Fehler Nr. 2: Ich bin gern der Held

Wer erzählt nicht gern Geschichten von sich, schließlich sind wir die zentrale Figur unseres Lebens. Sich selbst zum Helden einer Story zu machen, birgt jedoch nicht nur im Business auch eine Menge Tücken. Die erste: Menschen wollen es vielleicht nicht hören. Es sei denn, Sie nutzen Humor, Selbstironie und einen magischen Erzählstil wie Ken Robinson in dem erfolgreichsten TED Talk aller Zeiten. Menschen wollen viel lieber eine Story von sich hören.

Mein Tipp: Erzählen Sie dem Publikum, den Lesern oder Kunden doch lieber eine Geschichte, in der es sich selbst wiederfindet. Versuchen Sie einmal, ohne das Wort „Ich“ auszukommen in ihrer Erzählung.

Steve Jobs zum Beispiel erzählte gern eine Anekdote über einen Hausmeister bei Apple, um eine bestimmte Geisteshaltung zu demonstrieren. Oder er erzählte von seinen Helden, mit denen sich viele von Apples Kunden identifizieren konnten – von den Beatles etwa. Oder er erzählte von seinen Erlebnissen als Kunde. Ein kluger Weg, um den Bogen zum Publikum zu schlagen.

Storytelling-Fehler Nr. 3: Ich mache es gern spannend

Wir lieben spannende Storys. Aber Spannung wird häufig missverstanden, als das Vorenthalten von Pointen. Aus Sicht des Publikums ist das anstrengend, weil man sich ständig fragt, worauf die Story eigentlich hinauswill. Genau das Gegenteil von der Grundidee tritt ein: Statt die Zuhörer wie in einem Krimi bei der Stange zu halten, schalten diese ab.

Mein Tipp: Keine Geheimnisse, die Pointe unbedingt zu Beginn verraten. Und von der Reise dorthin erzählen. Von den guten und schlechten Tagen, dem Stress und der Begeisterung, den Rückschlägen und den Erfolgen.

Spannungs-Elemente lassen sich natürlich trotzdem einbauen, indem zum Beispiel das Publikum von Anfang an einen Wissensvorsprung bekommen. Meisterregisseur Alfred Hitchcock sagt: Die Bombe unter dem Tisch, an dem die Menschen sich seelenruhig unterhalten, musst gezeigt werden. Dann will der Zuschauer den Figuren am liebsten zurufen: „Achtung, Bombe! Macht, dass ihr wegkommt.“

Diese Bombe unter dem Tisch findet sich häufig in Business-Geschichten und gute Storyteller bauen sie in. Etwa so: „Was wir nicht wussten …“ Oder: „Hätten wir gewusst, dass …“

Storytelling-Fehler Nr. 4: Ich entwickle Storys am liebsten allein

Romane werden nur in Ausnahmefällen im Team geschrieben. Bei Filmen ist das schon ganz anders, Menschen mit den unterschiedlichsten Qualifikationen arbeiten in einer strikten Struktur, um zum bestmöglichen Ergebnis zu kommen. Natürlich braucht jeder im Team auch Zeit für sich, um die Story zu reflektieren und seine Verantwortung für ihr Gelingen. Aber ein Film ist Teamarbeit – nicht nur, weil so viel Technik nötig ist, sondern weil so die besten Ideen entstehen.

Mein Tipp: Zwischen diesen beiden Rollen wechseln. Zurückgezogener Schriftsteller, um den eigenen Beitrag zur Story zu finden. Drehbuchschreiber, um gemeinsam mit anderen immer wieder den Verlauf einer Geschichte zu verbessern. Je diverser so ein Team, um so besser wird das Ergebnis.

Die größte Falle bei dieser Arbeitsweise ist die Art, wie das Team entscheidet. Mehrheitsbeschlüsse führen meist zu verwässerten, zweitklassigen Ergebnissen. Ich empfehle, immer wieder innezuhalten und die Ergebnisse dem angepeilten Publikum zu zeigen und zu prüfen, wie es reagiert. Das ist das wichtigste Kriterium für den Erfolg einer Story.

Storytelling-Fehler Nr. 5: Ich schocke gern das Publikum

Von Thrillern lässt sich sicherlich eine Menge für das Business Storytelling lernen. Schocks sorgen ähnlich wie Spannung für erhöhte Aufmerksamkeit. Wenn mir eine Business Präsentation erscheint wie ein Gang durch den finsteren Keller, ist das auf jeden Fall fesselnd. Alle Sinne sind geschärft, uns entgeht nichts.

Trotzdem wäre ich vorsichtig und würde Schocks nur sehr dosiert einsetzen, weil sie das Publikum auch verstören können oder einschüchtern. So sehr, dass keine Botschaft mehr ankommt und niemand handelt.

Mein Tipp: Vergessen Sie den Schock für Ihr Storytelling und setzen Sie doch lieber auf Aha-Momente. Jede Menge davon gibt es zum Beispiel in den fantastischen Präsentationen von Hans Rosling. Er bindet das Publikum von Anfang an ein, prüft dessen Wissen, vergleicht es mit dem von Schimpansen und bringt so alle zum Lachen – auch über die eigene schockierende Unwissenheit.

Humor ist ein starkes Prinzip, um Aha-Momente zu erzeugen. Im Gegensatz zum Schock wirft er die Menschen nicht auf ihre Ängste zurück, sondern verbindet sie miteinander. Und das ist die beste Voraussetzung dafür, sie in einem Vortrag, einer Mail, einem Posting, Tweet oder einem kurzen Plausch an der Kaffeetheke zu inspirieren, zu überzeugen oder sie einfach nur gut zu unterhalten.