Eine Frage, die mir in meinen Workshops häufig gestellt wird, lautet: Wann brauche ich Storytelling? Und wann brauche ich es nicht? Kommt auf den Kontext an.

Die Gehirnforschung unterscheidet den analytischen und den narrativen Modus. Im analytischen Modus geht es um Fakten oder Daten. Im narrativen Modus geht es um die Verbindung von Fakten mit Emotionen, also Storys.

Das würde bedeuten, dass Storytelling immer dann Sinn macht, wenn ich Emotionen ins Spiel bringen, ein Gefühl für die Dinge geben will. Ist die Emotion schon vorhanden, brauche ich folglich kein Storytelling.

Fast.

Wichtig dabei scheint mir außerdem, dass ich im analytischen Modus zwar die Fakten benenne, aber im narrativen Modus den Kontext gebe. Wichtig ist dabei insbesondere die Antwort auf die Kernfrage nach dem Warum.

Halten wir fest: Ist das Gefühl für eine Sache bereits vorhanden und der Kontext klar, brauchen wir vermutlich kein Storytelling. Es mag trotzdem Sinn machen, eine Geschichte zu erzählen oder eine starke Metapher zu verwenden – es mag aber ebenso verwirren. Es ist auf jeden Fall Vorsicht geboten.

Wann brauche ich Storytelling? Drei Beispiele aus eigener Erfahrung:

1. Neues Produkt

Im September habe ich mir die Keynote mit den neuen Apple-Produkten angesehen. Da ich selbst Apple-Nutzer bin, sind sowohl Emotion und Kontext bei mir schon vorhanden. Nun sind die meisten neuen Produkte bei Apple ja keine eigentlich neuen Produkte, sondern neue Versionen bestehender Produkte. Fakten und Funktionen machen den Unterschied. Und davon gibt uns Apple jede Menge.

Wie ist es bei neuen Produkten? Nehmen wir die Apple Watch. Da ist gerade ein neues Modell erschienen, die Apple Watch Ultra. Hier ist Storytelling nötig. Und es ist da, in ganz einfacher und klarer Form. Eine Uhr, die Grenzen verschiebt, ist der Claim. Dazu sehen wir Bilder von Extremsportlern in der Wüste, unter Wasser, in den Bergen. Da ist die Emotion, da ist der Kontext.

2. Neugier

Vor kurzem hatten wir Gäste und ein Freund trug dunkelblaue Sneakers. Dunkelblau ist meine Lieblingsfarbe. Schöne Schuhe, sagte ich und erklärte, dass es nicht viele so schöne Sneakers in dunkelblau gibt. Danke, entgegnete der Freund und sagte, dass sie außerordentlich bequem seien. Ein Fakt, eine Erfahrung. Mehr habe ich in diesem Moment auch nicht gebraucht.

Dann nannte er die Marke. Nach einer kleinen Pause ergänzte er: Leider teuer. Das war der entscheidende Fakt, der mich am Ende davon abhielt, die Schuhe zu kaufen. Hätte eine Story mich auch über diese Schwelle getragen? Ich bin mir nicht sicher – es wäre aber einen Versuch wert gewesen. Doch die Marke selbst betreibt, wie ich auf der Webseite feststellte, nur mäßig Storytelling. Glück für mein Konto.

3. Präsentationen

Insbesondere bei Präsentationen kommt häufig folgendes Feedback: zu viele Details! Der typische Einwand: Wir arbeiten streng faktenbasiert, also geben wir Ihnen die Fakten. Wunderbar, doch was sind die Kernaussagen? Was ist warum zu tun? Kann die Präsentation das nicht auch vermitteln?

Sie kann.

Und an diesem Punkt brauchen wir wieder Storytelling, das das große Bild zeigt, zoomen ermöglicht und dem Gegenüber zeigt: Ich weiß genau, dass du am Ende auf Basis meiner Daten eine Entscheidung treffen willst. Für Entscheidungen aber ist nichts wichtiger als Emotion. Wer nichts fühlt, kann nicht entscheiden, lehrt die Psychologie. Wieder sind wir bei der Story, bei Metaphern, Bildern, Vergleichen, Erlebnissen, Szenarien.

Für meine Workshops habe ich ein Modell entwickelt, das Präsentationen als dramatische Inszenierungen denkt – nur im Business. Das Ergebnis: faktenbasiertes Storytelling.

Fazit: Wann brauche ich Storytelling? Wenn Emotionen und Kontext benötigt werden, um Entscheidungen zu fällen. Sind beide bereits vorhanden, reichen die Fakten.