Wissenschaft und Storytelling, wie passt das zusammen? Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hat ein neues Sachbuch veröffentlicht, in dem Forscher auch als Erzähler auftreten: Sicherheit und Gesundheit in der digitalisierten Arbeitswelt. Sie nutzen Storytelling, um Zukunftszenarien zu schildern. Ein Gespräch mit einem der Verantwortlichen für dieses Projekt und dem Mitherausgeber des Buches, Dr. Sascha Wischniewski, den ich mit seinem Team für eine Etappe seiner Reise begleiten durfte.

Für das neuste Buch der BAuA, Sicherheit und Gesundheit in der digitalisierten Arbeitswelt – Kriterien für eine menschengerechte Gestaltung, dessen Mitherausgeber Sie sind, nutzen die Autoren erzählende Elemente. Was genau tun Sie da?

In dem Buch stellen wir Ergebnisse unseres Schwerpunktprogrammes zu dem genannten Thema dar. Das Buch soll Antworten auf die Frage liefern, wie stark die Digitalisierung bereits Einzug in unterschiedliche berufliche Tätigkeiten genommen und sich dadurch die spezifischen Arbeitsanforderungen verändert haben. Wir haben Kriterien für eine menschengerechte und gesunde Arbeitsgestaltung in der digitalisierten Arbeitswelt entwickelt, wir diskutieren Herausforderungen für den organisatorischen und technischen Arbeitsschutz. Die erzählenden Elemente, unsere Zukunftsbilder, sollen den Leserinnen und Lesern einen Eindruck vermitteln, wie es in Zukunft aussehen kann, wenn Arbeit stark durch die Digitalisierung geprägt ist und entsprechend unserer beschriebenen Kriterien menschengerecht gestaltet ist.

War es das erste Mal, dass die BAuA diesen Weg gegangen ist? Wenn ja, was hat Sie dazu bewogen, wie sind Sie auf diese Idee gekommen? Warum diese Entscheidung für Storytelling in Verbindung mit faktenbasierter Wissenschaft?

Uns ging es darum aufzuzeigen, wie eine menschengerecht gestaltete digitalisierte Arbeitswelt in Zukunft für die verschiedenen in dem Buch diskutierten Tätigkeiten aussehen kann. Dabei sollten die Zukunftsbilder auf einem starken zahlen- und literaturbasierten Fundament stehen.

Storytelling kann sehr wertvoll sein, um wissenschaftliche Erkenntnisse zu vermitteln

Welche Erfahrungen haben die Autorinnen und Autoren gemacht? Wo lagen die Herausforderungen?

Unser interdisziplinäres Team aus Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen hat in einer Schreibwerkstatt gelernt, durch Storytelling geprägte Zukunftsbilder zu schreiben: worauf es ankommt und wie für Leserinnen und Leser interessante Geschichten entwickelt werden. Dies weicht deutlich von üblichen Fachbeiträgen für die wissenschaftliche Community ab. Auch war die zeitliche Fokussierung auf eine einwöchige Schreibwerkstatt, die Vermittlung und Schreiben beinhaltete, herausfordernd.

Warum haben Sie die entsprechenden Passagen nicht einfach einer Agentur übergeben und diese schreiben lassen?

Unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind Expertinnen und Experten in ihrem jeweiligen Themenfeld. Sie kennen die Literatur und zugehörige Statistiken und Zahlen. Für mich ein großer Vorteil. Gleichzeitig war eine Qualifizierung im Themenfeld des Storytellings das Ziel, um hier auch für die künftige Textarbeit Anregungen mitzunehmen.

Wieviel Emotion und erzählerische Nähe verträgt ein Fachbuch? Wie haben Sie das dosiert?

Wir haben in dem Buch jeweils zunächst umfangreiche Texte mit den Ergebnissen aus Literatur und Befragungen hinsichtlich der jeweiligen Tätigkeiten. Die Zukunftsbilder bilden dann jeweils den Abschluss und gleichzeitig auch Ausblick in diesen Kapiteln. Ich denke, dass dies ein sinnvoller Mix in unserem konkreten Fall ist.

Wichtig für die gelungene Verbindung von Storytelling und Wissenschaft ist eine fundierte Datengrundlage

Nach dieser Erfahrung, was würden Sie sagen: Wie passen Wissenschaft und Storytelling zusammen?

Ich bin sehr zufrieden, dass wir diesen Ansatz für unser Buch gewählt haben und freue mich sehr über die Ergebnisse der Kolleginnen und Kollegen. Ich denke, dass der Ansatz des Storytellings ein sehr wertvoller sein kann, um wissenschaftliche Ergebnisse interessant aufzubereiten.

Was würden Sie anderen Institutionen oder Fachautoren raten, wie und wozu sie Storytelling nutzen könnten?

Storytelling kann nach meinem Verständnis sehr gut Fakten mit emotional aufgeladenen Geschichten verbinden und so die entsprechenden Inhalte für Leserinnen und Leser interessant machen. Dabei würde ich sagen gibt es keine bestimmten Anwendungsbereiche. Wichtig sind jedoch eine klare (Daten- und Literatur-)Grundlage und ein klares Ziel dessen, was vermittelt werden soll.

Wir haben in unserem Fall zunächst umfangreich Zahlen und wissenschaftliche Erkenntnisse zur Digitalisierung verschiedener Tätigkeiten in der Arbeitswelt erarbeitet. Ergänzt wurde dieses Material durch ein ebenfalls erarbeitetes Kriterienpapier für die menschengerechte Arbeitsgestaltung in der digitalisierten Arbeitswelt. Hierauf aufbauend konnten wir dann mittels Storytelling unsere narrativen Zukunftsbilder zur Vermittlung wissenschaftlicher Analysen in Kombination mit einem prognostischen, wertorientierten Blick in die Zukunft entwickeln.