Ist es klug, Unternehmen als Familie zu bezeichnen? Lieber als Sportteam? Taugen diese Metaphern für Unternehmenskulturen? Oder lieber Finger weg? Hier sind die wichtigsten Pros & Cons.
Generell halte ich Metaphern für den perfekten Weg, Zugang zu eher abstrakten Gebilden wie Unternehmen zu ermöglichen. Als eine unmittelbare Form des Storytellings ermöglichen sie intuitive Nähe. Ein Risiko liegt allerdings darin, dass die Metapher am Ende an entscheidenden Stellen nicht passt und damit mehr Schaden anrichtet, als Gutes zu stiften.
Das Unternehmen als Familie: Beziehungen über alles
Beginnen wir mit der Familienmetapher. Generell sehr positiv. Weit verbreitet ebenfalls. Dennoch ist Vorsicht bei dieser Form von Storytelling geboten. In einem Beitrag aus der Harvard Business Review über die toxischen Effekte, die darin liegen, den Arbeitsplatz als Familie zu bezeichnen, fand ich gute Gründe, die meine eigenen Erfahrungen bestätigen.
Als Chefredakteur und später Geschäftsführer von CHIP war ich Teil der Burda-Familie. Burda läuft, Burda wandert, Burda geht ins Museum – jede Menge Events, die alle zusammenbrachten. Geniale Idee. Andererseits funktionierte natürlich auch diese „Familien“ wie jedes andere Medienhaus nach dem Muster von Wirtschaftsunternehmen – und da gelten selbstverständlich andere Gesetze und Regeln, bisweilen auch Umgangsformen als in Familien. Logisch.
Familien entlassen keine Mitglieder. Sie machen auch keine Performance Reviews. Und so weiter.
Das zeigt, wieviel Sorgfalt nötig ist, um eine treffende Metapher zu wählen. Wie ich immer wieder betone, sollten diese Schritt für Schritt in die Realität übersetzt und überprüft werden, bevor sie zum Einsatz kommt.
Während einige Aspekte einer Familien-Kultur wie Respekt, Empathie, Kümmern, Zusammenhalt Wert und eine positive Atmosphäre stiften, stehen andere einer produktiven, hohen Performance eher im Weg. Ist die Familienmetapher ideal für Wachstum? Ich habe Zweifel. Studien zeigen, dass der Familienzusammenhalt auch unethisches Verhalten fördern kann, eine falsch verstandene Loyalität.
Das Unternehmen als Sportteam: die Performance zählt
Ich habe immer wieder kluge Team Leads erlebt, die ihren Bereich als Sportteam bezeichneten. Es geht um Zusammenhalt, aber vor allem deshalb, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Der Verweis auf Sport betont die Performance-Kultur und unterstreicht im Gegensatz zur Familie den transaktionalen Charakter der Beziehung.
Aus diesem Stoff sind starke Metaphern für Unternehmenskulturen gemacht, oder?
Auf Unternehmensebene ist mir die Metapher des Sportteams noch nie begegnet – dafür ist die Gesamtorganisation oft zu komplex. Und auch wenn Vorstände gern von Erfolg als Mannschaftssport reden, versteht jeder genau, woher der Wind weht. Es ist wie bei der Familie. Eine gute Familie braucht das nicht mehr zu sagen: Wir sind eine Familie. Ein gutes Sportteam braucht das nicht mehr zu sagen: Wir sind ein Sportteam. Man ist es einfach.
Purpose statt Metaphern
Was, wenn wir auf Metaphern verzichten und unseren Blick auf Purpose lenken, auf das Warum und Wozu. Ein geteilter Purpose schafft ebenfalls Zusammenhalt, er versammelt Menschen, die für eine gemeinsame Sache einstehen, er bindet nicht nur rational, sondern auch emotional. Das schafft meiner Erfahrung nach viel stärkeren Zusammenhalt als jede Metapher und erzeugt keine Nebenwirkungen.
Im Gegenteil: Wer Purpose ins Zentrum der Unternehmenskultur rückt und auf Bereiche, Teams, ja die einzelnen Mitarbeiter:innen herunterbricht, gibt jedem eine Orientierung und ein gutes Verständnis für Rolle, Aufgabe und Kontext.
„Wir wollen den Übergang zu nachhaltigem Verkehr beschleunigen“, sagt Tesla. Damit wäre die Richtung klar. Zugleich ist klar, dass es hier nicht nur um ein paar Spiele geht oder einen Meistertitel – ein Unternehmen, das ist eben eine ganz andere Kategorie Organisation als eine Familie oder ein Sportteam. Es geht um langfristiges Denken.
Fazit: Metaphern für Unternehmenskulturen würde ich sehr sparsam einsetzen. Purpose scheint mir im Namen aller Beteiligten der bessere Weg.