Literatur und Feminismus: Zitate von Virginia Woolf lesen sich auch heute noch wie messerscharfe, brilliant formulierte Botschaften aus der Zukunft. Ganz gleich, ob wir aus ihren Romanen zitieren, ihren Essays oder ihren Tagebüchern: Die britische Avantgardeautorin (1882 bis 1941) hat keinen Millimeter an Aktualität verloren. Im Gegenteil: Wer sie liest, wird nicht nur über die Inhalte staunen, sondern mehr noch über den einzigartigen Stil.

Virginia Woolf entstammte einer Upper Class-Familie, die zahlreiche Kontakte zu Künstlern und Intellektuellen hatte. Während ihr Bruder studierte, blieben ihre Schwester und sie zu Hause, eigneten sich Wissen eigenständig an. Virginia Woolf war zunächst als Journalistin tätig, 1915 erschien ihr erster Roman. In den 20er-Jahren wurde sie zur erfolgreichen Schriftstellerin und Verlegerin. Ihr berühmtester Roman ist Mrs. Dalloway, ihr folgenreichster Essay ist A Room on one’s own.

Dieser Essay wurde zu einem zentralen Text des Feminismus. Um Literatin zu sein, schreibt sie dort, braucht eine Frau materielle Unabhängigkeit: 500 Pounds pro Jahr und ein eigenes Zimmer. Das ist die Minimalvoraussetzung, die bis in ihre Zeit von wenigen Ausnahmen abgesehen nicht erfüllt wurde.

18 Zitate von Virginia Woolf

Über die Existenz: Ich bin verwurzelt, aber ich fließe.

Über die Sprache: Worte sind wild, frei, unverantwortlich und nicht zu lehren. Natürlich kann man sie einfangen, einsortieren und sie in alphabetischer Reihenfolge in Wörterbücher stecken. Aber dort leben sie nicht.

Über geistige Freiheit: Schließt eure Bibliotheken ab, wenn ihr wollt, aber es gibt kein Tor, kein Schloss, keinen Riegel, den ihr auf die Freiheit meines Geistes setzen könnt.

Über Weiblichkeit: Was ist eine Frau? Ich versichere Ihnen, ich weiß es nicht … Ich glaube nicht, dass jemand es wissen kann, bevor sie sich nicht in allen Künsten und Berufen ausgedrückt hat, die dem menschlichen Können offen stehen.

Über Bücher: Außerdem besteht ein Buch nicht aus aneinandergereihten Sätzen, sondern aus Sätzen, die, wenn ein Bild hilft, zu Arkaden oder Kuppeln aufgebaut sind.

Über Fiktion: Die Fiktion ist wie ein Spinnennetz, das vielleicht nur ganz leicht, aber doch an allen vier Ecken mit dem Leben verbunden ist. Oft ist die Verbindung kaum wahrnehmbar.

Über Authentizität: Es besteht keine Notwendigkeit, sich zu beeilen. Es gibt keinen Grund, zu strahlen. Es ist nicht notwendig, jemand anderes als man selbst zu sein.

Über Geheimnisse: Jeder hat seine Vergangenheit in sich eingeschlossen, wie die Seiten eines Buches, das man in seiner Erinnerung abgespeichert hat und von denen die Freunde lediglich den Titel lesen können.

Über Identität: Die Augen der anderen, unsere Gefängnisse; ihre Gedanken, unsere Käfige.

Eine Frau muss Geld und ein eigenes Zimmer haben, wenn sie Literatur schreiben will.

Über Glauben I: Keine Leidenschaft ist stärker in der menschlichen Brust als das Verlangen, andere glauben zu machen, was man selbst glaubt.

Über Glauben II: Man kann vielleicht nur ganz an das glauben, was man nicht sehen kann.

Über Leben und Schreiben: Um gut schreiben zu können, muss man intensiv leben.

Über Rhythmus: Ich schreibe nach einem Rhythmus und nicht nach einem Plot.

Über den Wert des Schreibens: Da mir niemand sagen kann, ob eine Schreibe schlecht oder gut ist, ist der einzige sichere Wert das eigene Vergnügen. Dessen bin ich mir sicher.

Über Erfahrung: Denn Meisterwerke sind keine einmaligen und einsamen Geburten; sie sind das Ergebnis jahrelangen gemeinsamen Denkens, des Denkens durch den Volkskörper, so dass die Erfahrung der Masse hinter der einzelnen Stimme steht.

Über Frauen und Romane: Die Empfindsamkeit der Frau war jahrhundertelang durch die Einflüsse des gemeinsamen Wohnzimmers geschult worden. Die Gefühle der Menschen prägten sich ihr ein, persönliche Beziehungen waren ihr stets vor Augen. Als die bürgerliche Frau sich dem Schreiben zuwandte, schrieb sie daher natürlich Romane.

Über Unabhängigkeit: Die geistige Freiheit hängt von den materiellen Dingen ab. Die Poesie hängt von der geistigen Freiheit ab. Und Frauen sind immer arm gewesen, nicht erst seit zweihundert Jahren, sondern seit Anbeginn der Zeit. […] Frauen hatten also nicht den Hauch einer Chance, Gedichte zu schreiben.