Eine Weihnachts-Botschaft vom Chef an die Mitarbeiter gehört zum guten Ton. Dazu zählt der Jahresrückblick und vielleicht ein Ausblick und auf jeden Fall ein Dankeschön an alle.

Doch wie die Chose angehen? Zwei Beispiele aus deutschen Vorstandsetagen. Während Katy Roewer, Marc Opelt, Bodo Kipper und Michael Müller-Wünsch von Otto einen Sketch bieten, schmückt Tim Höttges von der Telekom einen Weihnachtsbaum.

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Die Storyline von Otto: Es ist kurz vor dem Weihnachtsvideo und wir erleben, wie Vorstand Marc Oppelt verzweifelt versucht, von seinen Kolleg*innen einen Antwort auf die Frage zu bekommen, ob er den Weihnachtspulli nun anziehen soll oder nicht.

Otto: Merry Fucking Christmas

Natürlich alles über Microsoft Teams, natürlich mit Tücken. Katy vergisst das Mikro einzuschalten. MüWü wird weggedrückt, weil er mehr Likes auf LinkedIn hat. Bodo filmt sein Ohr. Und keiner sagt was zum Pulli und seiner Botschaft: Merry Fucking Christmas!

Nachdem der Pulli-Sketch vorüber ist, wünschen die Vorstände in knappen Worten ein frohes Fest. Und aus.

Meine Meinung: Das Video ist amüsant, keine Frage. Es karikiert sehr hübsch digitale Kommunikation in 2020. Allerdings frage ich mich: Gibt es nicht größere Dinge für eine Weihnachts-Botschaft vom Chef als den Klamauk um einen Pulli? Oder für die ernsten Worte der Vorstände nach dem Sketch, die arg knapp ausfallen. Schade, denn dieses Jahr hätte meiner Meinung nach mehr Zuwendung verdient. Und die Mitarbeiter, für die dieses Video schließlich gemacht ist, ebenso. Die meiner Meinung nach wichtigste Botschaft, der Dank an alle Mitarbeiter – gestrichen.

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Die traditionelle Weihnachts-Botschaft von Telekom-Vorstandschef Tim Höttges per Video ist da eher klassischer. Der CEO schmückt eine Weihnachtsbaum mit Erinnerungen an dieses Jahr: 5G, neue Antennen, 100 MBit, Glasfaserlametta, eine 25 zum Geburtstag der Telekom, die COVID-App etc. Er gibt auch Ausblicke, allen voran auf das große Jubiläumsfest in 2021.

Telekom: Wir konnten in 2020 keine menschliche Nähe leben

Nach fünf Minuten wechselt Höttges in den ernsten Teil, er sagt: „2020 hat von uns viel abverlangt, wir konnten nicht das leben, was uns alle ausmacht, menschliche Nähe.“ Ganz wichtig: Er bedankt sich. „Wir alle haben diesen Erfolg gemeinsam erwirtschaftet.“ Das Ende dieses zweiten Teils: Höttges hängt eine Maske an den Tannenbaum und sagt: „Stellen Sie sich vor, 2021 werden wir an unseren Weihnachtsbaum eine Maske hängen – als ein Erinnerungsstück an eine andere Zeit.“

Zum Abschluss, Teil drei, die obligatorischen Outtakes und Pannen. Und der Weihnachtspullover der Telekom. Ein belustigender Rausschmeißer inklusive nerviger Werbung.

Meine Meinung: Das Video von Tim Höttges wirkt stark. Er ist sympathisch und er hat Biss („wir hören nicht auf, bis alle dabei sind“). Die Dreiteilung seiner Ansprache in: Rück- und Ausblick, Gemeinschaft, Outtakes gibt dem Clip eine klare Struktur. Inhaltlich und emotional. Was er sagt, das sagt er klar. Die Dinge, die er an den Baum hängt, merke ich mir. Insofern vorbildliches Storytelling, auch wenn keine Story im eigentlichen Sinne erzählt wird.

Dennoch frage ich mich: Muss denn die Weihnachts-Botschaft vom Chef so werblich daherkommen? Warum wirkt das alles so atemlos, obwohl das Video acht Minuten dauert?

Unterm Strich halte ich die Telekom-Weihnachts-Botschaft für gelungener – weil sie zwar komische Elemente enthält, aber insgesamt seriöser ist, weil sie sich den Mitarbeitern zuwendet, weil sie Rück- mit Ausblick verbindet. Außerdem werden die Fakten dadurch, dass sie als Schmuck an den Tannenbaum gehängt werden, besser erinnert. Was mir bei Otto gut gefällt ist der gemeinsame Auftritt des Vorstands. Schade nur, dass die Chefs bei den Grußworten im Abbinder so kurz angebunden sind. Es wirkt, als habe man den Mitarbeitern nichts zu sagen.

Checkliste Weihnachts-Botschaft vom Chef

  1. Das Gesamtbild des vergangenen Jahres in wenigen Worten
  2. Eine kleine Geschichte aus dem vergangenen Jahr, menschlicher Aspekt
  3. Die Highlights im Rückblick, faktisch und emotional
  4. Nicht in Details verlieren, die nur für ausgewählte Bereiche relevant sind
  5. Dankeschön an die Mitarbeiter, ev. ausgewählte Kolleg*innen nennen
  6. Die Herausforderungen des nächsten Jahres, max. 3 wichtige Punkte
  7. Wer spricht: das Team der Chefs oder der Chefchef? Eine Frage der Kultur und der Persönlichkeiten
  8. Kein Powerpoint, Menschen sprechen zu Menschen
  9. Natürlicher Vortrag, humorvoll wirkt am stärksten, insbesondere im Wechsel mit nachdenklich-besinnlich
  10. Kurz fassen: maximal 15 Minuten
  11. Accessoires wie der Weihnachtsbaum der Telekom, der geschmückt wird, wirken stark
  12. Ein Comedy-Video wie das von Otto nur, wenn es auch „ernste“ Botschaften und Fakten enthält