PR und Storytelling: Zum Auftakt meiner Serie mit Interviews zum Thema Storytelling in unserer Zeit traf ich einen alten Bekannten, Michael Kausch, Inhaber und Geschäftsführer der Social-Media- und PR-Agentur vibrio. Kommunikationsmanagement. Vibrio ist eine der führenden inhabergeführten Agenturen für PR, Social Media Marketing und strategisches Kommunikationsmanagement mit Sitz in Unterschleißheim bei München. Der Whisky im Hintergrund wurde übrigens während des Gesprächs nicht angerührt.

Storytelling ist kein Tool. Storytelling ist eine Strategie. Dieses Zitat fand ich auf deiner Webseite. Was bedeutet das?

Storytelling ist mehr als schöne Geschichten erzählen. Es reagiert auf eine grundlegende Veränderung im Alltag: der massenhaften Flucht vor der Werbung. Auch die klassische autistische Kommunikation, das Reden über sich selbst, die eigene Firma, die eigenen Produkte und Serviceangebote ist zunehmend weniger interessant.

Autistisch? Ein hartes Wort.

Aber treffend. Es gibt drei Arten von Themen: Da sind autistische Themen und partnerorientierte. Und da sind die Themen des Zeitgesprächs meiner Branche. Letztere sind entscheidend. Da muss ich in der PR hin! Storytelling beschreibt für mich einen Paradigmenwechsel in Richtung dieser dialogorientierten Kommunikation. Die Themen werden aus dem Umfeld der Zielgruppen generiert und nicht mehr aus dem eigenen Unternehmen. Das ist ein strategischer Wechsel. Storytelling heißt: Rausfinden, worüber geredet wird. Storytelling heißt: Themenführer werden in meiner Branchenöffentlichkeit.

Wie geht das? Ein Beispiel.

Einer meiner Kunden ist Lancom, eine deutsche Cisco. Es geht um Switches und Router. Worüber wird im Kontext von Routern gerade geredet? Störerhaftung wäre so ein Thema. Da wird sogar die Kanzlerin zitiert. Der CEO von Lancom debattiert in seinem Blog mit, bezieht Stellung. Das interessiert die Menschen wirklich. Auf einmal bittet ihn die Wirtschaftswoche um eine regelmäßige Kolumne zu seinen Themen. Das ist der neue Weg, meine Kunden ins Gespräch zu bringen.

PR und Storytelling: Das ist mehr als schöne Geschichten erzählen

Wie findest du diese Themen?

Drei Schritte. Lass mich den Prozess erklären. Schritt 1: Monitoring. Welche Themen gibt es? Schritt 2: Themenwahl. Welche Themen passen zu mir? Schritt 3 – der entscheidende Schritt: Storylines. Wie sieht mein Redaktionsplan aus? Wir erstellen eine Keywordmatrix. Welche Suchbegriffe hält der Kunde für wichtig? Wonach suchen die Menschen wirklich? Ein Realitätscheck. Danach entsteht ein Redaktionsplan. Ich brauche genau einen Beitrag, der auf jedes Keyword zielt und einen zweiten, der diesen unterstützt, indem er auf ein ähnliches Keyword zielt. Wir entwickeln eine Content-Strategie, um den Kunden sichtbar zu machen. Im Grunde machen wir SEO – über Themenqualität.

Der Prozess geht dann noch etwas weiter, wie ich auf deiner Webseite gelernt habe.

Es sind insgesamt 17 Schritte. Ist ja auch kein trivialer Prozess.

Erlebst du in Unternehmen Vorbehalte gegenüber PR und Storytelling?

Das kommt vor. Unternehmen glauben häufig, Storytelling wäre das schönere Formulieren von Texten. Das ist leider falsch. Es geht um die Bereitschaft, mich für die Themen draußen zu öffnen. Mehr als das: Wenn ich mich öffne, muss ich auch meine Geschäftsprozesse intern ändern. Es geht um Vertrauen in die Mitarbeiter. Im Social Media Umfeld bin ich nicht über die Pressestelle erfolgreich oder HR, sondern über die Beteiligung meiner Mitarbeiter.

Wenn sogar der CEO einen Blog schreibt …  

Genau. Aber der CEO kann nicht über alles schreiben. Potenziell kann und sollte jeder über sein Expertenthema schreiben. Das heißt, den Mitarbeitern vertrauen und sie die Diskurse führen lassen, die in ihrer Fachöffentlichkeit relevant sind. Ein Social Media Manager koordiniert.

Je mehr Change ich habe, desto wichtiger sind die Werte

Wie ist deine Erfahrung. Geht das in etablierten Firmen genauso gut wie in Start-ups?

Natürlich ist das ein Prozess. Aber es funktioniert.

Was sind die Leitplanken?

Die Werte eines Unternehmens. Je mehr Freiheit ich gewähre, je mehr Change ich habe, desto wichtiger sind die Werte.

Und wie kommen die in die Köpfe der Mitarbeiter: Lassen sie sich kommunizieren?

Nein. Werte müssen gelebt und entwickelt werden. Gemeinsam mit den Mitarbeitern. Es gibt kein statisches Konzept nach dem Motto: Hier sind meine Werte. Hört sie. Glaubt sie. Lebt sie. Das ist ein lebendiges Konzept. Den Wertekanon stelle ich regelmäßig in Frage. Wofür stehe ich? Das diskutiere ich mit meinen Kunden, Chefs und Mitarbeiter, jedes Jahr wieder.

Zurück zum Thema PR und Storytelling! Inwieweit korreliert mit dem Einsatz von Storytelling in der PR auch Erfolg?

Je mehr Flexibilität und Kreativität gefordert ist, desto eher funktioniert ein Storytelling-Ansatz. Storytelling heißt ja, Mitarbeiter mitziehen. Mich mit ihnen gemeinsam weiter zu entwickeln. Ihre Kreativität nutzen. So entstehen Erfolgsgeschichten.