„Kürzen ist Viagra“ – über diese Formulierung für eine der wichtigsten Schreibregeln überhaupt bin ich in einem Interview mit Bestsellerautor Ken Follett gestolpert. Einprägsamer Satz. Wirkungsvoll. Deckt sich mit meinen Erfahrungen.

Kürzen, meine Story? Unmöglich! Wie oft habe ich als Chefredakteur oder CEO diesen Satz gehört. Ist eine Story erst einmal fixiert, neigen Urheber dazu, sie zu umtanzen wie eine heilige Kuh. Leser oder Zuhörer dagegen empfinden Kürzungen fast immer als Wohltat.

„Kürzen ist Viagra“ – zurück zu Ken Follett. Eigentlich ein überraschender Satz aus seinem Mund – Die Säulen der Erde hat 1296 Seiten -, aber wer weiß, welchen Umfang die Ausgangsversion hatte. Follett nennt in dem Interview 11 Schreibregeln, die ihn sein Agent gelehrt hat.

Ich fand sie gut, aber arg episch und habe mir erlaubt, sie zu kürzen.

Die Schreibregeln lassen sich einfach auf Business Storytelling übertragen. Hier kommen meine Favoriten, gleich in modifizierter Form, bezogen auf einen Vortrag.

Die 6 Schreibregeln von Ken Follett:

  1. Ein Vortrag soll dir Mühe machen, nicht dem Zuhörer.
  2. Sprache ist Mittel zum Zweck. Vergiss Wortakrobatik und erzähle in deinem Vortrag eine Story, die den Leser neugierig macht.
  3. Nach wenigen Minuten sollte der Vortrag eine überraschende Wendung nehmen, sonst langweilt sich der Zuhörer auch im Business Storytelling.
  4. Beende einen Vortrag nie mit einer Überraschung. Das empfindet der Zuhörer als rüpelhaften Rauswurf.
  5. Redigiere deinen Vortrag mit dem Hammer. Hau drauf und horche, wo er hohl klingt.
  6. Kürzen ist Viagra.

Gern würde ich noch eine siebte Schreibregel hinzufügen:

Setze dir ein striktes Limit.

Der Vortrag soll eben nur fünf Minuten dauern. Der Text nicht länger als zwei Seiten lang sein. Ist alles viel zu lang, wissen Dritte oft besser, was überflüssig ist. Kürzen ist ein Dialog. Ein Vortasten. Ein Spiel. Kürzen dauert – doch mit Geduld gelingt das Unmögliche. Der Text ist plötzlich nur noch halb so lang – und doppelt so gut.