Storytelling in der Kunst, dazu befragte ich die Berliner Künstlerin Sandra Rauch. Mega Cities inspirieren sie zu spektakulären Werken über die Jetztzeit, in denen die Betrachter ihre eigenen Geschichten entdecken.

Du nennst dich Tec Artist. Für mich bist du eine moderne Storytellerin – deine Bilder erzählen Geschichten am Puls unserer Zeit. Welche Rolle spielt Technik für dein Erzählen? Technik im Sinne von Technologie und auch im Sinne eines Verfahrens, das deinen Stil prägt.

Mein Hauptarbeitsmittel ist das Siebdruckverfahren in Verbindung mit der Fotografie.
Wie ein „lebender Fotoapparat“ erforsche ich mit der Kamera und meiner „Art Drohne“ die Megacities dieser Welt. Ich begebe mich auf die Suche nach dem besonderen Blick in eine neue Dimension. Der Einsatz von moderner Technik, als Element eines Bildes, bedeutet für mich eine Erweiterung. Ton und Internet können dir innerhalb eines Bildes unendliche Welten eröffnen. Das fasziniert mich sehr.

Du hast dir vor einigen Jahren im Silicon Valley eine Garage gesucht wie einst HP oder Apple. Diese Garage war dein Atelier. Jetzt hast du ein Atelier in Berlin, bist als erfolgreiche Künstlerin etabliert. Bastlerin, Zauberin, Unternehmerin – wieviel Garagen-Spirit, wieviel Start-up findet sich noch in deiner Kunst? Und: Wieviel Garagen-Spirit braucht deiner Meinung nach jede Kunst?

Mit meinem ersten TecBild (Bild mit integriertem IPad) bin ich in die Garagenszene ins Silicon Valley eingetaucht um die Leute zu treffen, die meine Faszination teilen. Für mich braucht Kunst Offenheit und Intuition, sie sind die Hauptvoraussetzungen für meine Arbeit. Ich bin immer bereit, auf Neues zu reagieren. Die Darstellung der „Jetztzeit“ bildet für mich die Basis meiner Arbeit. Das bedeutet für mich „Garagen-Spirit“.

Storytelling in der Kunst: Die Suche nach dem besonderen Blick

Honkong, Tokyo, Berlin, New York – viele deiner Bilder zeigen Szenen aus den Metropolen dieser Welt? Warum? Was ist die Story hinter der Story?

Ich bin immer auf der Suche nach der Quintessenz des Lebens. Ich suche nach Unterscheidungen und Parallelen, nach dem besonderen Blick. Es ist eine Art Forschungsarbeit. Ich stelle mir vor, ein Teil dieser Stadt zu sein, dort zu leben und zu arbeiten, den Pulsschlag dieser Stadt zu fühlen.

Als ich dein Bild „Berlin. Eberswalder Himmel“ zum ersten Mal sah, dachte ich: Das ist es, das ist genau das Berlin, das du kennst, das du liebst. Alles ist da und doch ganz anders. Wie machst du das? Entsteht so ein Bild intuitiv oder exakt nach Plan?

Ich habe Berlin mit der Muttermilch aufgesogen, die energetische fluoreszierende Luft. Die prickelnden Achtziger, die unerwartete, unglaubliche Wende, die Technobunker in den Neunzigern leiteten mich zu meinem ersten Kunstsalon in der noch jungfräulichen Auguststrasse in der Berliner Mitte .

In diesem Sinne folge ich intuitiv einem exakten Plan. ;-

Storytelling in der Kunst: Dem exakten Plan intuitiv folgen

Welche Rolle spielen Menschen für deine Großstadtgeschichten?

Manche meiner Freunde haben das Glück, auf meinen Bildern zu erscheinen. Zum Beispiel ein Freund und seine Mutter in „Hong Kong Diamond ́s“. Ich finde diesen spielerischen Umgang sehr interessant, weil nur diese Personen wissen, dass sie auf dem Bild sind. Für den Betrachter bleiben es Unbekannte.

Neben diesen real existierenden Personen finden sich fiktive Figuren, Helden und auch Werbeikonen wieder. Batman fungiert für mich als Zeichen eines Schutzpatrons, den jeder in diesen Megacities braucht.

Wie näherst du dich einer Stadt, die du, ich sage mal porträtieren willst? Wie wählst du die Motive aus, die Symbole, die Farben, die Zeichen, die Perspektiven?

Wenn ich mich für eine Stadt entscheide, dann gehe ich als erstes an den höchsten Punkt dieser Stadt, oder starte meine Art Drohne und verschaffe mir auf diese Weise einen Überblick. Im Anschluss bewege ich mich durch die Stadt und sauge alles was mich interessiert auf. In diesem Sinne bin ich ein lebender Fotoapparat.

Nach dem tiefen Eintauchen in diese Stadt entsteht mein Bild. In diesem Bild findet man dann hoffentlich die Magie, die Energie, die Farbigkeit und alles, was diese Stadt ausmacht, wieder.

Storytelling in der Kunst: Das Bild als Portal zu deiner eigenen Geschichte

Wir alle erzählen Geschichten, nicht nur, damit Kinder einschlafen. Auch und immer mehr im Business, um andere Menschen zu berühren, sie mitzunehmen. Was könnte z.B. ein Manager von deinem Storytelling in der Kunst lernen? 

An erster Stelle würde ich dabei nennen, dass ich viel Freiraum für das Kopfkino des Betrachters lasse. Ich sehe das Bild als Portal zu deiner eigenen Geschichte. Ich denke, das verbindet die Story des Managers und meine. Er will auch den Hörer mitreissen und begeistern. Er braucht Verbindungen, Bekanntes und neue Wege in seiner Story.

Könntest du auch Geschichten von ruhigen Orten in Kunst verwandeln oder brauchst du den Neonzauber, die Glaspaläste, das Vibrieren der Großstädte?

Mich ziehen die magischen Energien von Großstädten besonders an. So wie die Nachtfalter das Licht. Aber auch die Unterwasserwelt als Gegenpol hat meine Begeisterung.

Angenommen, all deine Bilder erzählen im Kern nur eine Story, welche wäre das?

Schutzengel, Supermächte und Superhelden umgeben die Menschen und führen sie auf den richtigen Weg. Sie sind unsere Ikonen und Wegbegleiter.