Verträgt sich das, SEO und Storytelling? Was schätzt Google an einem Beitrag? Ein Interview mit Markus Hövener, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der Agentur Bloofusion. Dort verantwortet Markus als Head of SEO das Segment Suchmaschinen-Optimierung und ist als Chefredakteur zuständig für das Magazin Suchradar.

Vielleicht beginnen wir mit einer Definition, damit wir nicht aneinander vorbeireden. Ich fang mal an: Storytelling, das Erzählen von Geschichten, ist für mich eine Schlüsselqualifikation für jeden, der überzeugend kommunizieren möchte. Storytelling vermittelt Informationen – und Emotionen. Gute Geschichten fesseln, reißen mit, bleiben uns im Gedächtnis, wie Ohrwürmer. Könntest du bitte SEO definieren.

Oh Mann, das ist derzeit gar nicht so einfach. SEO stand eigentlich immer für „Search Engine Optimization“, also für die Optimierung von Websites, damit diese möglichst gut in Suchmaschinen zu finden sind. Mittlerweile ist es eher „Search Experience Optimization“, weil Google immer mehr auf Nutzersignale setzt. Also: Man kann nicht mehr mit irgendwelchen beliebigen Inhalten Rankings generieren, sondern diese müssen dem Nutzer auch noch schmecken. Bei SEO geht es also darum, Websites so zu optimieren, dass sie den Ansprüchen von Nutzern und Suchmaschinen gleichermaßen genügen.

„Kreatives Storytelling ist absolut sinnvoll – auch weil es helfen kann, gute Nutzersignale zu schicken“

Was bedeutet das für Storyteller, wenn sie digital erfolgreich sein wollen?

Zunächst ist es natürlich so, dass man auch ohne Storytelling eine in Bezug auf SEO optimale Website haben kann. Wichtig ist halt, dass man zu einer Suchanfrage die richtigen Inhalte hat. Wenn jemand einfach nur nach „angela merkel alter“ sucht, braucht es für meine Inhalte vielleicht auch gar kein Storytelling, weil diese Frage leicht zu beantworten ist.

Wenn es aber um komplexere Suchanfragen geht, bei denen jemand vielleicht nach einer Lösung sucht und ich ihm meine Lösung mit der richtigen Story schmackhaft machen kann, dann ist Storytelling sicherlich ein gutes Instrument.

Was sind aus SEO-Sicht die entscheidenden Kriterien für guten, überzeugenden Content?

Der Content sollte zunächst auf Suchbegriffe abgestimmt sein. Google ist in den letzten Jahren sehr schlau geworden und wird immer besser darin, unterschiedliche Suchbegriffe auf denselben Content zu matchen. Also: Im Text steht immer nur „Weihnachtsgeschenke“, aber auch für „weihnachtspräsent“ oder „christmas geschenk“ wird die Seite gefunden, weil semantisch dasselbe gemeint ist.

Trotzdem käme ein SEO nicht auf die Idee, einen Text nicht auf sinnvolle Suchbegriffe abzustimmen – und vor allem nicht vorher schon ein Keyword Tool für die Recherche nach relevanten Suchbegriffen zu nutzen. Das Spiel ist dank des Matchings schon entspannter geworden, aber die SEO-Basics gelten nach wie vor.

Ansonsten zählt die Qualität der Inhalte. Also:

  • Lesbarkeit (Komplexität der Sprache)
  • Strukturierung der Inhalte durch Zwischenüberschriften, Fettungen, Nutzung von Listen und Tabellen
  • Nutzung von so genannten Proof Keywords (vereinfacht: Hat der, der den Beitrag schreibt, auch wirklich Ahnung von dem Thema? Werden viele Synonyme und branchenrelevante Wörter genutzt? …)

„Die Zeit von Textwüsten ist vorbei, wir sind ein Volk von Scannern und Skimmern geworden“

Storytelling denkt vom Ziel aus und vom Leser, der erreicht, bewegt, überzeugt werden soll – das passt doch gut zu SEO, oder? Beides strategische Disziplinen.

Absolut. Google stellt den Nutzer in den Mittelpunkt – und damit passt sich SEO dem auch an.

Andererseits: Ist das nicht ein wenig gegenläufig – eine grüne SEO-Ampel bei einem Beitrag und kreatives Storytelling?

Nein. Früher würden die SEOs von Redakteuren immer gehasst, weil die SEOs den Schreiberlingen immer Vorgaben gemacht haben – vor allem zur Keyword-Dichte. Seitdem das nicht mehr sinnvoll ist, ist das Miteinander deutlich entspannter worden. Es gibt natürlich immer noch Vorgaben – z. B. zur optimalen Länge einer Meta Description -, aber das sind in der Regel keine „schlimmen“ Vorgaben im Sinne einer Einschränung.

Also: Kreatives Storytelling ist absolut sinnvoll – auch weil es helfen kann, gute Nutzersignale zu schicken. Jemand, der lange auf meinem Inhalt bleibt, der in die Website hereingezogen wird, schickt auch gute Nutzersignale ab. Und das kann natürlich dann auch dem Ranking helfen.

Was macht am Ende wirklich den Unterschied bei einem Beitrag? Die technisch perfekte Umsetzung oder die inhaltliche Qualität? SEO oder Story?

Mittlerweile ist es die inhaltliche Qualität. Passt mein Inhalt wirklich optimal zur Suchanfrage? Beantworte ich die Frage optimal, sodass der Besucher sich nicht noch ein anderes Suchergebnis anschauen muss?

Die technische Perfektion ist eher eine Fingerübung, die von vielen noch überschätzt wird.

„Für Google ist das Storytelling nur dann wichtig, wenn es auch für den Nutzer vorteilhaft ist“

Worauf reagiert Google beim Thema Content allergisch? Was ist auf jeden Fall zu vermeiden?

Eigentlich könnte ich hier die dritte Frage nehmen und alles negieren. Vor allem sind flache Inhalte schädlich. Also: Jemand sucht nach „hörgeräte“ kosten und ich schreibe nur was von „sagen wir Dir nicht online, sondern in unserer Filiale“. Das wird nicht funktionieren. Ich muss die Frage in der Tiefe beantworten und möglichst gut aufbereiten. Wenn Bilder gebraucht werden, muss ich Bilder liefern. Wenn jemand Kosten wissen möchte, muss ich diese auch liefern.

Trotzdem darf man bei all dem nicht übertreiben. Text ist nach wie vor ein wichtiger Faktor. Man sollte also nicht einfach nur einen ganz kurzen Beitrag schreiben und dann auf ein eingebettetes Video verweisen. Das wird Google so in der Regel einfach nicht nutzen können. Text ist leider immer noch relevant.

Foto und Video werden bei schrumpfender Aufmerksamkeit immer wichtiger, vor allem bei Social Media. Welche Bedeutung hat visuelles Storytelling für den Erfolg von Beiträgen oder Webseiten?

Die Zeit von Textwüsten ist einfach vorbei, weil wir ein Volk von „Scannern“ und „Skimmern“ geworden sind. Alles muss schnell konsumierbar sein. Niemand hat die Zeit, einen Artikel zu lesen.

Bilder oder Videos können dabei helfen, Nutzer in meinen Content hereinzuziehen und sie dafür zu begeistern. Infografiken, Charts, lustige Memes – all das kann helfen, die Nutzer bei der Stange zu halten, sie zu begeistern. Deswegen sind visuelle Inhalte – je nach Suchanfrage – so wichtig.

„Die technische Perfektion ist eher eine Fingerübung“

Wie sieht eine perfekt für Google erzählte Story aus? Gibt es vorbildliche Unternehmen, Branchen, Webseiten, Beiträge, bei denen SEO und Storytelling erfolgreich verknüpft sind?

Wie schon gesagt: Für Google ist das Storytelling an sich nur dann wichtig, wenn es auch für den Nutzer vorteilhaft ist. Denn am Ende entscheidet der Nutzer, ob ihm der Inhalt gefällt. Wenn Du es mit Storytelling schaffst, die Nutzer bei der Stange zu halten, hast Du gewonnen.

Man muss natürlich auch sehen, dass Konsistenz und Konsequenz wichtige Faktoren sind. Also: Es passiert in der Regel sehr selten, dass jemand ein Stück Content konsumiert und dann direkt kauft.

Wir stellen das bei unserer Agenturarbeit immer wieder fest. Die meisten Unternehmen, die sich dann von uns beraten lassen, haben vorher diverse Kontaktpunkte mit uns gehabt. Jemand besucht ein Webinar, liest fünf Blogbeiträge, hört dann noch eine Episode meines Podcasts, kommt auf eine Veranstaltung von uns – und wird dann zum Kunden.

Es ist gerade im Reisebereich krass, wie viele Suchanfragen jemand stellt, um dann eine Buchung durchzuführen. Da ist es eben besonders wichtig, bei vielen Suchanfragen gefunden zu werden und dort auch eine konsequente Botschaft zu versenden.

Gibt es SEO-Tools, die jeder Autor kennen sollte? Die sein Storytelling verbessern?

Eigentlich nicht. Ich habe auch ehrlich gesagt immer Angst, Autoren zu viele Tools und Vorgaben an die Hand zu geben. Ein wichtiges Tool sind aber schon Keyword-Datenbanken, weil sie helfen können, zu verstehen, welche Aspekte bei einer Recherche für einen Nutzer wichtig sind, auch wenn er diese konkret gar nicht eingibt.

Ein Beispiel: Ein Nutzer, der nach „hörgeräte kosten“ sucht, wird sich eigentlich gar nicht dafür interessiert, was das Gerät kostet, sondern wie hoch seine Zuzahlung bzw. die der Krankenkasse ist. Und solche Sachen kann man mit Tools wie keywordtool.io sehr schnell lernen.

Storytelling setzt in meinen Augen dann danach an. Ich weiß, worüber ich schreiben muss. Storytelling liefert mir dann einen schönen Rahmen für diese Inhalte.