Ironie im Storytelling wirkt stark, um Nähe herzustellen. In der Wissenschaft, in der Politik, im Marketing. Zwei Beispiele und ein zentrales Learning über die Grenzen der Ironie.

Professor Hans Rosling beginnt seinen TED-Vortrag über „Die besten Statistiken, die Sie jemals gesehen haben“ mit einer Frage. Sollte er wirklich ein Professur für Globale Entwicklung annehmen? Die Menschen wüssten doch längst alles.

Er erzählt von einem einfachen Test, den er mit Studenten gemacht hat. Die Quote der richtigen Antworten habe ihn beruhigt. Von 5 Antworten waren im Durchschnitt 1,8 richtig.

Die Frage lautete: „Welches Land innerhalb dieser fünf Paare hat die höchste Kindersterblichkeit?“ Sie war so ausgewählt, dass in jedem der Länderpaare die Kindersterblichkeit eines Landes signifikant höher war als die des anderen. 

„Eines Nachts, als ich den Bericht verfasste, wurde mir meine Entdeckung wirklich bewusst. Ich hatte gezeigt, dass Schwedens beste Studenten, statistisch gesehen, wesentlich weniger über die Welt wussten als Schimpansen. Denn Schimpansen würden die Hälfte richtig auswählen, wenn ich ihnen zwei Bananenmit Sri Lanka und der Türkei geben würde. Sie würden in der Hälfte der Fälle richtig liegen. Aber die Studenten nicht. Das Problem war meines Erachtens nicht Dummheit – es waren vorgefasste Meinungen. Ich machte auch eine skrupellose Studie mit den Professoren des Karolinska-Instituts, das den Nobelpreis für Medizin vergibt. Sie sind gleichauf mit den Schimpansen. Da wurde mir bewusst, dass ich die Daten kommunizieren musste.“

Sympathie durch Augenzwinkern

Nach diesem Einstieg hat Roslings Ironie – man könnte auch sagen, sein augenzwinkerndes Bloßstellen – das Eis gebrochen. Warum? Wir lachen über ihn. Wir lachen über die Studenten. Und wir lachen über die Schimpansen. Wir lachen über das Karolinska-Institut. Und am Ende lachen wir am meisten über uns selbst, weil wir während seines Vortrags ebenfalls die Fragen beantworten und erkennen, dass auch unser Wissen über die Welt eine Auffrischung gebrauchen könnte. Nach diesem Einstieg hören alle gebannt zu.

Hans Rosling ist ein Meister der Ironie. Jeder seiner Vorträge enthält diese Form des Humors, um die Aufmerksamkeit der Menschen durch Lachen zu gewinnen. Ein zweites Beispiel sind die Berliner Verkehrsbetriebe. Sie nutzen Storytelling und Ironie, um ihren Kunden zu vermitteln, dass sie diese lieben. #weilwirdichlieben heißt die Kampagne.

Die Berliner erzählen kleine Geschichten, in denen sie sich selbst auf die Schippe nehmen und zeigen: Das, was euch als Kunden ärgern mag, das machen wir natürlich absichtlich. Da überlassen wir nichts dem Zufall.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Das Video für das Jahresabo zeigt: Die Fahrer trainieren an einen Simulator, wie sie den Fahrgästen die Tür direkt vor der Nase zuschlagen. Pünktlichkeit funktioniert nach dem Lotterieverfahren. Eichhörnchen Clemens lost die Buslinien aus, die Verspätung haben.

Keine Rechtfertigung, keine müden Erklärungen, sondern Überzeichnung der Defizite mit den Mitteln des Storytellings. Motto: Alles pure Absicht! So entsteht Sympathie.

Wo sind die Grenzen der Ironie? Dort, wo diese einseitig ist. Hans Rosling sorgt dafür, dass wir auch über uns selbst lachen. Das gleiche machen die Berliner Verkehrsbetriebe. Wir wissen auch nicht mehr als die schwedischen Studenten und die Schimpansen. Wir sind vielleicht etwas einseitig im Urteil, wenn wir bei Verspätungen von Bussen nicht die Verkehrssituation berücksichtigen.

Und so entsteht über alles mit Hilfe der Ironie Nähe.