Braucht Storytelling Genie? Elizabeth Gilbert, Autorin des Bestsellers Eat, Pray, Love, sagt ja. Und sie sagt nein. Die Frage ist, was wir unter Genie verstehen.

In ihrem äußerst unterhaltsamen TED Talk Your elusive creative genius spricht Gilbert über zwei Formen des Genies. Die eine ist das Genie, das wir sind. Oder, besser gesagt: für das wir uns halten mögen. Die andere ist das Genie, das wir haben. Oder, besser gesagt, das uns hat.

Der Reihe nach.

Genie, sagt Gilbert ist eine Zuschreibung. Heute glauben wir, die Menschen, die kreativ sind, seien Genies. Diese Idee führe allerdings zu nichts Gutem. Narzismus auf der einen Seite. Auf der anderen Seite Depressionen, wenn die Einfälle ausbleiben.

Das lässt sich meiner Meinung nach 1:1 auf den Bereich des Business übertragen. Auch da werden kreative Leistungen Personen zugeschrieben. Braucht Storytelling Genie? Sicher, würden viele sagen. Zumindest braucht es eine besondere Form der Kreativität.

Das mag sein. Aber …

Woher kommt diese Kreativität? Gilbert plädiert in ihrem Talk dafür, das Genie, das wir dafür verantwortlich machen, nach außen zu verlagern. In der Antike sprachen die Griechen von einem Dämon, sagt sie. Die Römer sprachen vom Genius. Beide verstanden als geisterhafte Kooperationspartner bei kreativen Leistungen.

Anerkennen, dass wir das Genie nicht kontrollieren können – und entspannt sein

Mit der Aufklärung haben wir aber diese Geister ins uns verlegt und tragen damit die volle Verantwortung für das Gelingen und auch für das Versagen kreativer Leistungen.

Zurück zur Ausgangsfrage: Braucht Storytelling Kreativität? Aber ja, würde ich sagen. Und mir ist diese Idee sehr sympathisch, dass da eine Kraft außer uns mitwirkt, die wir nicht kontrollieren können, die eigenen Gesetzen gehorcht. Ich bin sicher, jeder der kreativ tätig ist, hat das schon gespürt.

Wer so an das Thema Storytelling herangeht, bleibt entspannt. Hey, Dämon, jetzt bist du dran! Ich habe meinen Teil getan. Sorry, Team, ich gebe hier alles. Warte nur noch auf den Genius. Leichtigkeit statt Stress.

Gilbert erzählt eine Geschichte von dem Sänger Tom Waits, dem eine geniale kleine Melodie zuflog, während er im Auto auf dem Freeway fuhr. Er wollte sie sich notieren, doch kein Zettel, kein Schreiber. Anstatt in eine kreative Panik zu verfallen, stoppt Waits seine Gedanken, blickt zum Himmel und sagt: Entschuldigung, kannst du nicht sehen, dass ich gerade Auto fahre.

Genau darum geht es, diese humorvolle Distanz zu kreativen Leistungen. Das Genie, das unsere Storys brauchen, wird sich schon zeigen – manchmal im falschen Moment, doch oft genug auch im richtigen.