Storytelling und Unternehmenskultur hängen eng miteinander zusammen. Unternehmen, die Storytelling einsetzen, bauen zugleich auf Transparenz, Vertrauen und einen hohen Grad von persönlicher Glaubwürdigkeit der Führungskräfte. Sie schaffen eine Kultur, die gegenseitigen Austausch aller Mitarbeiter fördert.
Meiner Erfahrung nach sind mit Blick auf das Management drei Dinge in so einem Umfeld von besonderer Bedeutung:
1. Konsistenz und Vertrauen
Manager, die Storytelling nutzen, um Werte, Visionen oder Ziele zu vermitteln, müssen ein Gefühl dafür entwickeln, ob ihr Verhalten und ihre Worte, ihre Stories zusammenpassen. Entsteht Dissonanz, ist das in hohem Maße destruktiv.
Die Idee der Verbindung von Storytelling und Unternehmenskultur ist, Vertrauen zu erzeugen. Vertrauen verstanden als einen „Mechanismus zur Reduktion sozialer Komplexität“. So die klassische Definition des Soziologen Niklas Luhmann. Vertrauen schafft nicht nur eine positive, sondern zugleich auch eine effiziente Arbeitsatmosphäre.
Misstrauen und Kontrolle dagegen erzeugen hohe Transaktionskosten. Enttäuschtes Vertrauen wird nur sehr schwer wieder zurückgewonnen. Vom Reputationsverlust ganz zu schweigen.
Wer Storytelling im Management nutzt, muss ein feines Gespür dafür entwickeln, wie Stories interpretiert werden können. Es macht in jedem Fall Sinn, die Wirkung von Stories vorher im kleinen Kreis zu testen. Auch das ist schon wieder ein Schritt Richtung vertrauensvoller Unternehmenskultur.
2. Authentizität und Glaubwürdigkeit
Je echter Führungskräfte agieren – dazu gehört auch, Storys zu erzählen -, desto glaubwürdiger sind sie. Mitarbeiter haben ein feines Gespür dafür, wenn es unecht wird.
Damit ist der Horizont des Storytellings im Management klar umrissen. Es ist der klare Bezug zum Storyteller. Keine synthetischen Geschichten. Auch keine verdrehten Geschichten. Keine Unwahrheiten.
Storytelling und Unternehmenskultur oder Vertrauen erzeugen
Positiv gewendet: Vorleben. Dann ergeben sich die Geschichten von selbst.
Wer Geschichten von sich erzählt, erzeugt Nähe und Glaubwürdigkeit. Diese Geschichten sollten keine aalglatten Siegergeschichten sein. Im Gegenteil! Zuhörer sind fasziniert von dunklen Stunden und schwachen Momenten.
Storytelling und Unternehmenskultur: Jede Heldenreise führt zu Abgründen. Zu scheinbar unbezwingbaren Gegenspielern.
Handeln die Storys von Anderen, etwa von Kollegen, Partnern oder Kunden – müssen sie ebenfalls echt sein. Und ich würde raten, dass diese Storys vom Erzähler in irgendeiner Form als Randfigur miterlebt wurden.
So entsteht Glaubwürdigkeit, für mich einer der höchsten Werte, in der Beurteilung einer Person. Glaubwürdigkeit und Vertrauen hängen natürlich eng zusammen. Und sie prägen massiv die Unternehmenskultur in einem positiven Sinn.
3. Reden und Schweigen
Vielleicht noch wichtiger als die Fähigkeit, Storys zu erzählen, ist die Fähigkeit zuzuhören. Manager, die nicht fragen, sind keine Manager.
Zum Storytelling gehört das Storylistening. Reden braucht Schweigen. Zum Antworten gehört das Fragen. Diese Fähigkeiten sind komplementär. Sie sollten sich in einem ausgewogenen Zustand befinden.
Es mag daran liegen, dass ich in den Medien gearbeitet habe, aber ich konnte eine klare Dominanz des Redens wahrnehmen. Und Schweigen schien oft nur wie eine Atempause, in der der nächste Redebeitrag vorbereitet wurde, und weniger als aktives Zuhören und aufrichtiges Interesse am Gegenüber.
Storytelling und Unternehmenskultur: Es geht immer um das richtige Maß. Bitte keinen weichgespülten Psychologenstil. Bitte keine Totquatschattacken, wie ich sie öfter bei Autoren erleben durfte.
Messen Sie doch einfach bei jedem Gespräch, sei es mit einem Bewerber oder mit einer Kollegin bei einem Espresso, ihren Redeanteil. Was gemessen wird, lässt sich managen.
Wenn Sie ein 90:10-Typ sind, wäre 70:30 echter Fortschritt. Wenn Sie bei 70:30 liegen, wäre 50:50 ein Ziel. Natürlich ist das nicht bei jedem Gespräch gleich. Aber Sie werden sehen, wie schnell Sie ein Gefühl dafür bekommen.
Und Sie werden noch etwas bemerken – wie Ihre Haltung und die Ihrer Managementkollegen die Unternehmenskultur verändert. Wie viele Geschichten Sie plötzlich zu hören bekommen. Oder wie viele Fragen Ihnen auf einmal gestellt werden. Probieren Sie es aus!