Storytelling und Zielgruppe: Eine gute Story ist genau auf ihr Publikum zugeschnitten. Das ist eine oft unterschätzte Herausforderung. Nur selten ist das Publikum homogen, selbst innerhalb einer Abteilung. Meist zerfällt es in unterschiedliche Zielgruppen, die unterschiedlich angesprochen werden wollen.
Ein Beispiel: Bei CHIP, eine Firma, die ich ein bisschen kenne, gibt es die digitale und die analoge Welt. CHIP als Medienunternehmen vereint beide Welten. Schon der einleitende Vortrag beim monatlichen Bier mit der Geschäftsführung war, zumindest zu meiner Zeit, ein erzählerisches Abenteuer. Nicht durchweg mit positivem Ausgang.
Beispiel Digital und Print
Digital und Print haben eine andere Sprache. Sie haben eine andere Arbeitsumgebung, eine andere Taktung, andere Vorstellungen von Fertig. Nicht zu vergessen andere Erfolgskurven, eine andere Kultur – und natürlich eigene Geschichten.
Was tun? Wie erreicht man beide Zielgruppen?
Indem man sich erst einmal darüber klar wird, dass es so ist und dass man beide erreichen will. Diese Einsicht ist der Startpunkt für eine gute Geschichte. Stellen Sie sich die beiden Zielgruppen als Kreise vor. Und Ihr Job als Redner oder Verfasser einer Mail ans Haus ist es, diese Kreise möglichst übereinander zu legen.
Dabei hilft eine Reihe von Kontrollfragen. Möglichst bevor Testleser oder potentielle Zuhörer Feedback zu ersten Entwürfen geben.
Kontrollfragen Storytelling und Zielgruppe:
- Finden sich die Zielgruppen in dem Thema, den Bildern und der Sprache wieder?
- Knüpft die Geschichte an gemeinsame Erlebnisse an?
- Werden Anfang, Ende und Titel problemlos verstanden?
- Enthält die Geschichte Elemente von Lieblingsgeschichten, die immer wieder im Unternehmen erzählt werden?
- Motiviert die Geschichte die Zielgruppen zum Weitererzählen oder Mitgestalten oder gibt sie zu viel vor?
Zum CHIP-Beispiel. Selbst wenn ein Thema übergreifend war und von allen als spannend empfunden wurde, mochte es an der Sprache haken. Oder auch an den Charts. Wer die Sprache eines Bereichs spricht, gibt dadurch indirekt zu erkennen, dass er diesen bevorzugt. Das ist allzu menschlich, aber nicht immer klug.
Was für die Sprache gilt, gilt auch für die Inhalte. Idealer Weise enthalten sie Anknüpfungspunkte für alle und natürlich die Lieblingsgeschichten aller Mitarbeiter. Fehlen die, ist das Problem vielleicht ganz ein anderes als Storytelling.
Anfang, Ende und Titel brauchen große Klarheit. Pointen, die für einen Teil der Zielgruppe sonnenklar, für den anderen dagegen rätselhaft sind, kann ich nicht empfehlen. Sie irritieren nur.
Anschlussfähigkeit ist die Basis für virale Verbreitung von Storys. Wenn ein Teil der Zuhörer die Geschichte gern weitererzählt, während die andere sie vielleicht sogar als peinlich empfindet, ist niemandem geholfen. Im Gegenteil. Wie oft verläuft zwischen Digital und Print ein unsichtbarer Graben. Allein mit Worten lässt er sich nicht schließen. Aber wer die Worte richtig wählt, der befindet sich schon mal auf einem guten Weg.
Das war jetzt fast noch ein einfaches Beispiel. Selten zerfällt eine Zielgruppe nur in zwei Teile, meist sind es mehr. Storytelling und Zielgruppe – ein anspruchsvolles Thema. Dafür ist die Freude umso größer, wenn ein Vortrag oder eine Mail an alle auch wirklich alle anspricht.