Schlagfertigkeit bedeutet, auch in einer Situation, die uns verunsichert, souverän zu reagieren. Mit den passenden Worten, mit einem Lächeln, mit Schweigen, mit einer entwaffnenden Geste.

Der ehemalige britische Premierminister Winston Churchill war für seine Schlagfertigkeit berühmt. Bei einer Soiree soll die Politikerin Nancy Astor zu ihm gesagt haben: „Wenn ich Ihre Frau wäre, würde ich Ihnen Gift in den Kaffee mischen.“ Churchills Antwort: „Und wenn ich Ihr Mann wäre, dann würde ich ihn trinken.“

Klingt zu gut, um wahr zu sein. Warum fällt uns so etwas nicht ein, wenn andere zum Angriff übergehen? Nicht einmal Stunden später? Weil wir eben nicht Churchill sind, ein Großmeister des Storytelling mit einem jahrzehntelangen Lehrweg und einem Job, in dem Rhetorik und Schlagfertigkeit fundamental sind.

Es geht meiner Meinung nach auch nicht darum, den Meistern der Schlagfertigkeit wie Winston Churchill nachzueifern. Insbesondere im Business kommt es auf Feingefühl an. Die Gefahr ist, Menschen zu beleidigen oder ihnen zu nahe zu treten. Das ist nicht die Schlagfertigkeit, die ich meine.

Es geht vielmehr um eine souveräne Art der Selbstverteidigung, die jede Aggression mühelos, lässig, scheinbar nebenher pariert. Sie lässt sich durch Übung erlernen. Hier meine 11 Tipps aus der Praxis.

11 Tipps für mehr Schlagfertigkeit

1. Jeder ist auf eine andere Art schlagfertig

Von Vorbildern zu lernen, ist ein guter Weg. Doch sollten die Vorbilder vom Wesen her zu uns passen. Luisa Neubauer, Greta Thunberg oder Martin Luther King: drei Aktivistinnen und Aktivisten, drei Wege des Storytelling, drei Arten der Schlagfertigkeit. Wie direkt, wie aggressiv, wie sanft darf es sein? Introvertiert oder extravertiert? Was ist unser Stil? Wenn diese Frage beantwortet ist, finden wir auch passende Vorbilder, deren Techniken wir studieren können. Greta Thunberg Rhetorik finde ich faszinierend, doch für mich wäre sie zu aggressiv. Martin Luther Kings zugleich sanfte und bestimmt-visionäre Art liegt mir mehr.

2. Über die eigenen Schwächen lächeln können

Wer nicht über seine eigenen Schwächen lächeln kann, sie vielleicht nicht einmal kennt, wird beim Thema Schlagfertigkeit eher langsam Fortschritte machen. Widersacher nämlich sehen diese Schwächen genau und nutzen sie für ihre Attacken. Wir sollten uns also mit uns selbst anfreunden und die Stärken, die sich hinter unseren Schwächen verbergen, erkennen. So können wir locker und souverän bleiben, wenn es gegen unsere Person geht. Das ist die beste Voraussetzung für eine passende Replik.

3. Sach- und Personenebene unterscheiden

Werde ich auf der Sachebene angegriffen oder auf der persönlichen? Das zu unterscheiden ist fundamental. Die Entgegnung sollte auf der entsprechenden Ebene stattfinden. Entwaffnende Argumente oder ein kühles Lächeln? Alles zur passenden Gelegenheit.

4. Sich auf der Sachebene perfekt vorbereiten

Wer auf der inhaltlichen Ebene gut vorbereitet ist, kann viel leichter schlagfertig sein. Einfach indem man die Dinge beim Namen nennt, sagt, was Sache ist. Schlagfertigkeit in diesem Sinne ist eine Funktion von Wissen und Können und der Mühe, vorab alle möglichen Fragen bereits gestellt und beantwortet zu haben. Wer hingegen unvorbereitet in ein wichtiges Meeting geht, lädt andere förmlich dazu ein, anzugreifen.

5. Ohne Wenn und Aber zustimmen …

Wenn das, was Ihr Gegenüber vorbringt, schlicht und einfach stimmt, warum nicht zustimmen? Das zeugt von Souveränität. Spart Zeit. Ist alternativlos. Manchmal findet sich einfach eine falsche Zahl in einer Präsentation. Man dankt für den Hinweis, liefert die richtige Zahl nach. Fertig. Sollte der Tonfall des Gegenübers unangemessen gewesen sein, lässt sich darauf gesondert hinweisen.

6. … oder in der Tiefe verstehen …

Manchmal scheint uns das, was das Gegenüber sagt, verletzend, dabei ist es nur eine radikal andere Perspektive als unsere. Folglich werden die Dinge anders bewertet. Was ich positiv sehe, erscheint hier als negativ und andersherum. Hier geht es nicht so sehr um Schlagfertigkeit, auch wenn uns danach sein mag, den Ball kurz und heftig zurückzuschlagen. Klüger scheint mir die Reflexion darauf, warum die Person die Sache nicht so sieht wie ich. Eine kurze Pause wirkt Wunder, etwa um etwas zu trinken. Und dann erklären wir zuallererst, dass wir diese Position verstehen!

7. …. um dann zu präzisieren.

Danach nutzen wir den Einwand als Chance, unsere eigene Position noch einmal zu erläutern. Und zwar direkt bezogen auf das Gesagte. Denn Schlagfertigkeit als oberflächliches, gewitztes Abwehren macht in so einer Situation überhaupt keinen Sinn. Viel klüger scheint mir, das Gegenüber respektvoll zu behandeln und im Kern dankbar zu sein für den Einwand – auch wenn dieser vielleicht etwas aggressiv formuliert gewesen sein mag.

8. Offen und konstruktiv nachfragen

Noch als Ergänzung zu den eben genannten Punkten: Generell halte ich es für klug, sich für andere Meinungen und Perspektiven zu öffnen. Während gemeinsamer Überlegungen finden sich vielleicht gute Ansätze für die eigene Idee. Scheint jemand nur darauf bedacht, Kritik und der Kritik willen zu äußern, fragen Sie nach Vorschlägen. Offenheit ist eine starke Geste. Und wenn nichts kommt, dann hat sich die Kritik erledigt.

9. Schweigen ist manchmal die beste Antwort

Wenn Sie feststellen, dass Ihr Gegenüber Sie nur provozieren will, sparen Sie sich die Worte. Ein Nicken. Ein Lächeln. Ein Schweigen. Ein Schulterzucken. Ein Blick aus dem Fenster. Und dann weiter in der Tagesordnung. Sich nicht auf den aggressiven Stil eines Gesprächspartners einzulassen, spart Energie und Nerven. Darüber hinaus signalisierst es, dass man sich nicht aus der Ruhe bringen lässt. Entscheidend ist, die Stille selbst auszuhalten, auch wenn sie unangenehm erscheint.

10. Reaktionsgeschwindigkeit trainieren

Tempo entscheidet bei der Schlagfertigkeit ebenfalls. Oft treibt uns die Schrecksekunde in die Defensive, wir sind erst einmal sprachlos. Diese Starre im Augenblick zu überwinden – das ist keine ganz leicht Lektion. Jeder meistert sie anders. Ich versuche erst einmal zu lächeln und den Angriff doch als Kompliment zu interpretieren: Der deutsche Philosoph Friedrich Nietzsche sagt, dass er Menschen auszeichnet, indem er sie angreift. Manchmal zeichnet sich bereits im Vorfeld ab, dass ein Kollege lauert. Achten Sie zum Beispiel in Meetings auf Signale. So werden Sie nicht überrumpelt und können mit hoher Reaktionsgeschwindigkeit schlagfertig reagieren.

11. Freundlichkeit und Humor gewinnen

Ich möchte noch einmal betonen: Im beruflichen Kontext geht es beim Thema Schlagfertigkeit nicht um eine besonders harte Replik, sondern um Souveränität. Humor kann dabei nicht schaden! Man lacht über die Situation oder auch über sich selbst, anstatt sich aufzuregen. Wer sich selbst nicht zu ernst nimmt, erscheint souveräner. Und so stellen wir auch sicher, dass selbst bei einem giftigen Spruch unsere Antwort die Würde des Gegenübers wahrt. Als ein Kritiker die Rede des französischen Staatspräsidenten François Mitterrand immer wieder mit dem Wort „Aufhören!“ unterbrach, erwiderte dieser: „Ich würde uns beiden den Gefallen ja gerne tun, aber wir sollten in dieser Situation nicht nur an uns denken.“