Was ist die Geschichte, die mein Körper erzählt? Bei einem Vortrag. Bei einer Präsentation. In einem Meeting. Und wie kann mein Körper die bestmögliche Story erzählen?
Körpersprache ist ein zentrales Thema in meinen Storytelling-Büchern, insbesondere in Talk. Um das Thema zu vertiefen, sprach ich mit einer Top-Expertin auf diesem Gebiet: Mareike Tiede, Sprechtrainerin und Storytellerin. Dies ist die gekürzte Form unseres Interviews.
Liebe Mareike, wie schön, dass wir uns heute zum Talk treffen. Die Ausgangsfrage unseres Talks heute: Was ist die Geschichte, die mein Körper erzählt?
Bei der Recherche fand ich auf deiner Webseite ein Storytelling-Quiz. Da kam folgende Frage. Wenn deine Erzählerin in Persönlichkeit ein Tier wäre, welches wäre es? Zur Auswahl stand Folgendes. A: ein kräftiger Bär. B: ein pfiffiges Eichhörnchen. C: ein ordentlicher Waschbär. Was für ein Tier wärest du?
Ich bin unbedingt ein Waschbär, weil bin so ein bisschen putzig bin, aber auch richtig bayerisch daherkommen kann. Mit Kraft. Und ich bin eher gemütlich, kuschelig und weniger spitzfindig. Und du?
Ebenfalls Waschbär. Machst du bei Kunden auch so einen Tiertest, um ein Gefühl für die Körpersprache zu bekommen?
Nicht dezidiert. Aber ich arbeite mit inneren Bildern. Wenn wir ein Bild haben, aktivieren wir automatisch mehr und feinere Muskulatur, die wir willentlich gar nicht ansteuern können. Ganz anders als wenn wir sagen würden: Jetzt stell dich mal breiter auf oder jetzt gestikuliere größer.
Frauen sage ich manchmal: Jetzt tu mal so, als wärst du ein Mann. Nun kann etwas passieren, was für die Präsentation wirkungsvoll ist. Sie nimmt sich mehr Raum, sie spricht langsamer, sie hält länger Blickkontakt mit Menschen im Publikum. Durch eine andere Brille gesehen: Sie gewinnt höheren Status.
Jetzt tu mal so, als wärest du ein Mann!
Hat du das auch schon andersrum gemacht, Männern gesagt: Jetzt mal auftreten wie eine Frau.
Ich kann mich nicht erinnern, aber ich müsste es unbedingt mal machen.
Wie bist du auf diese Idee gekommen, mit Bildern zu arbeiten?
In der Schule hatte ich Gesangsunterricht und da hat meine Gesangslehrerin mit Bildern gearbeitet. Während ich singe, solle ich Spaghetti aus dem Eimer herausholen und nach vorne ziehen. Dieses Bild hat etwas mit meinem Atem gemacht und mit meinem „Senden“. Im Sprechtraining oder der Sprecherziehung geht es ja darum, möglichst zu einem Ziel hinzusprechen. Das gab es bei mir schon beim ersten Unterricht mit Stimme, aber dann auch im Studium.
Was hast du studiert?
Sprechkunst und Kommunikationspädagogik in Stuttgart. An der Musikhochschule. Ein einzigartiges Fach, das es in Österreich, wo ich aufgewachsen bin, gar nicht gibt. Und in Deutschland nur einmal. Wir hatten Einzelunterricht im Bereich Sprechen. Wie kann ich Schiller so sprechen, dass Menschen folgen können und dass sie Kopfkino haben?
Spannend. Klingt fast wie eine Schauspielausbildung.
Es gibt Überschneidungen. Ich hatte auch ein bisschen gehadert, dachte immer, ich bin nicht Fisch noch Fleisch, aber es war schon toll. Es gab Aufführungen bei uns im Studium, bei denen die Studierenden auf der Bühne standen und eben nicht wie Schauspieler agiert haben. Da gab es einfach nur dieses gesprochene Wort. Ist schon eine besondere und seltene Form.
Ich will lebendiger sprechen
Wann kommen die Leute zu dir? Wann sagen die: Ich brauche mal Sprechtraining? Welcher Befund ist da?
Meist kommen Menschen zu mir, die haben von außen ein Feedback bekommen. Zum Beispiel arbeite ich gerade mit jemandem, dessen Frau sagt: Ich kann dich nicht gut verstehen.
Deutlichkeit.
Genau. Und dann können wir erforschen, welcher der Faktoren des Sprechens ist es denn? Oder da ist eine Frau, der gesagt wurde, sie würde zu schnell sprechen. Besonders wenn sie aufgeregt ist, merkt sie das. Meist ist ein Ziel: Ich will sicherer wirken. Oder: Ich will lebendiger sprechen. Ich will Leute mehr mitreißen. Ich werde nicht gehört und will das ändern.
Können wir vielleicht den Körper durchgehen wie in einer Meditation. Eine Körperroute, um die Körpersprache tiefer zu verstehen. Ich würde gerne oben beginnen, wenn es für dich okay ist. Mit dem Gesicht und den Augen.
Ein wichtiger Punkt ist der Blickkontakt. Wann ist es zu viel, wann ist es zu wenig? Bei uns ist es gerade eine künstliche Situation, wir können uns nicht in die Augen gucken wegen Zoom. Würden wir aber eigentlich, zumindest immer mal wieder. Und wenn ich einen Gedanken habe, würde ich wahrscheinlich zur Seite gucken. Dieser Wechsel zwischen Blickkontakt und wieder woanders hingucken, das empfinden wir in diesem Kulturkreis als angenehm. Wenn ich dir überhaupt nicht mehr in die Augen gucken würde, wäre das komisch. Hat sie kein Interesse oder ist sie schüchtern?
Deckt sich genau mit meiner Erfahrung. Jetzt der Mund.
Beim Artikulieren sind bei ganz vielen Lauten die Lippen wichtig. Bei vielen, mit denen ich arbeite, sind die ein bisschen fest. Und vielleicht kann man sagen, insgesamt haben wir in unserer Kultur die Tendenz, zu fest zu sein. Wenn wir den Mund weiter öffnen, die Lippen auch nutzen, kann der Klang viel mehr raus. Auch akustisch erreichen wir mehr.
Ich muss eine spannende Studie zitieren. Vanessa von Edwards hat viele TED Talks von Versuchspersonen angucken und bewerten lassen in Bezug auf Glaubwürdigkeit, Charisma und Intelligenz. Der wichtigste Faktor für eine intelligente Wirkung war, dass diese TED Speaker mehr und länger gelächelt haben. Oft denken wir, ich muss souverän sein. Aber nein, es geht auch ganz viel darum, einfach freundlich zu sein. Und das spiegelt sich natürlich auch in einem Gesicht, das eben lächelt.
Lächeln steht für Glaubwürdigkeit und Intelligenz
Absolut. Der Sprachtrainer von Prinzessin Diana hat ein Buch geschrieben. Diana hatte schlimme Bühnenangst. Wenn sie so geredet hat wie wir jetzt, war alles wunderbar, aber auf der Bühne wurde es schwierig. Und dann hat er ihr den Wert dieses genialen Lächelns erklärt, das sie nachher so berühmt gemacht hat.
Was tut Diana? Sie geht sie auf die Bühne und lächelt erst einmal ein paar Sekunden, ohne etwas zu sagen. Wurde das als intelligent empfunden? Ich weiß nicht. Zumindest als extrem einladend und freundlich.
Es gibt einem auch ein anderes Gefühl, wenn man mit so einem Lächeln auf die Bühne geht. Ich mache das bei Vorträgen. Gucken. Lächeln. Ankommen. Verändert die Körpersprache massiv.
Es gibt diese Wechselwirkung. Eine Studie sagt, wenn du lange grinst, dann hebt sich deine Stimmung. Ich hatte neulich einen Vortrag, der war schwierig von der Aufmerksamkeit her. Und da wurde ich ein bisschen genervt innerlich. Es war acht Uhr am Morgen. Führungskräfte. Zweiter Tag, am Vorabend wurde gefeiert. Ich hatte das Gefühl, die hören mir nicht zu. Und dann habe ich gemerkt, das ist nicht gut, ich muss was ändern in mir. Also Konzentration aufs Herz. Und wenn wir an eine der Qualitäten des Herzens denken wie Liebe, Dankbarkeit, Achtsamkeit, verändert sich unsere Herzvariabilität.
So habe ich gesagt: „Ich muss euch mal sagen, ich finde das ganz toll. Ihr habt gestern gearbeitet und noch gefeiert und jetzt um 8 Uhr seid ihr schon wieder dabei und arbeitet mit mir. Vielen herzlichen Dank dafür.“ Und dann haben Sie sich total gefreut, haben sich selber applaudiert und ich hatte sie wieder. Michael Rossié hat mal gesagt, eigentlich muss man nur sich selber liebhaben. Das ist schon mal die Basis fürs gute Sprechen.
Überflüssige Stressluft loswerden
Auf jeden Fall. Und natürlich auch das Gegenüber. So, jetzt haben wir schon ein bisschen den Atem mit drin gehabt. Den hätte ich als nächstes genommen.
Ich finde es spannend, wo du uns lang führst. Ja, der Atem ist etwas, was wir eigentlich von außen gar nicht sehen. Wir hören ihn. Ich frag dich mal Thomas, wenn du so kurz vor so einer Präsentation bist und angenommen, du wärst ein bisschen aufgeregt, wo wäre dann dein Atem?
Weiter oben. Ich habe erst durch Yoga gelernt, ein Gefühl für den Atem zu bekommen und ihn zu steuern. Mit positiven Auswirkungen auf die Stimme und die gesamte Körpersprache und Haltung.
Wir können über den Atem auch das vegetative Nervensystem beeinflussen. Das ist wirklich faszinierend. Wenn wir gestresst sind, geht der Atem nach oben. Das ist auch irgendwann sinnvoll gewesen, es hat uns damals geholfen, entweder zu fliehen oder zu kämpfen. Und heutzutage brauchen wir das nicht mehr, sondern wir müssen eigentlich wieder in einen anderen Zustand kommen.
Alles gut und ich schaffe das. Superschön, dass Sie hier sind.
Und da ist tatsächlich hilfreich, nicht noch mehr Luft zu holen, sondern den Atem loszuwerden, der zu viel ist. Also wir brauchen fürs Sprechen gar nicht aktiv Luftholen, es ist immer genug Atem da. Wir müssen nur die überflüssige Stressluft loswerden. Da hilft tatsächlich oft ein aktives Ausatmen über die Nase.
Ja, und ich werde auch ruhiger. Alles kriegt so eine andere Lässigkeit.
Und einen anderen, höheren Status. Ich muss nicht sofort liefern und schnell sein, sondern bin erstmal da.
Die Hände sind wie zwei kleine Gesichter
Das deckt sich mit meiner eigenen Erfahrung. Wollen wir uns mal die Hände anschauen?
Ja, die Hände. Ich komme noch mal auf Vanessa von Edwards zurück. Sie hat die TED Talks untersucht, die viral gegangen sind und die, die weniger angeklickt wurden. Sie hat die Versuchspersonen nur sieben Sekunden anschauen lassen, weil eine andere Studie besagt, wir bilden sofort unsere Meinung in den ersten sieben Sekunden. Und dann wurden die Sprecherinnen und Sprecher eben wieder auf Intelligenz, Charisma und Glaubwürdigkeit gerated, das Ganze ohne Ton.
Und es zeigte sich, dass die Talks, die viral gegangen sind, hohe Ratings hatten. Dann hat sie gesagt: Der Ton ist noch nicht mal entscheidend, gar nicht die Worte, sondern tatsächlich die Körpersprache. Und die Talks, die am meisten angeklickt wurden, Simon Sinek zum Beispiel, die haben signifikant mehr Handgesten und Handbewegungen als alle anderen.
Sie sind fast wie so zwei kleine Gesichter, die mit präsent sind, diese Hände. Ihre Bewegungen erzählen mir etwas über die Offenheit dieses Menschen, über seine Art, mit mir in Kontakt zu treten. Sie haben große Auswirkungen darauf, wie wir wahrgenommen werden.
Bei den Gesten habe ich gemerkt, dass es einen Unterschied macht, ob ich nur ganz kurz irgendwohin zeige oder die Geste halte. In dem Moment, wo ich eine Geste, eine Sekunde länger halte oder so lange wie ich über einen bestimmten Inhalt spreche, gebe ich meiner Aussage mehr Gewicht. Es ist wie das Innehalten, wie die Sekunde Pause nach einem wichtigen Satz. Und das bringt mich zu einer ganz basalen Regel des Körpers: Wer mehr Raum einnimmt, hat mehr Souveränität und Präsenz und Macht.
Die Gestik, die Raum einnimmt
Was genau heißt das? Mehr Raum einnehmen?
Wer fährt das dickste Auto im Unternehmen? Wer hat das größte und schönste Büro? So, und das ist so ein Urprinzip, auch bei den Gorillas. Und darum arbeite ich mit ganz vielen daran, eben auch in der Gestik, sich Raum zu nehmen. Das heißt nicht, andere beiseitezuschieben. Nein, aber diesen Gestik-Moment zu halten und den Raum zu füllen.
Wir sagen ja immer, wir sollen uns mehr Raum nehmen. Zumindest mit vielen Frauen, mit denen ich arbeite, ist das Thema. Da geht es um den Stand. Und Raum ist gleich Zeit im Sprechen. Sich die Zeit zu nehmen, die Pause zu nehmen. Immer dasselbe Prinzip. Wenn ich mir Raum nehme, wenn ich mir Zeit nehme, dann sage ich damit: Ich bin souverän. Und das, was ich sage, ist wichtig.
Wir sind doch eigentlich keine Gorillas mehr, oder?
Das wäre so die Hoffnung. Aber ich glaube, das sind immer noch die alten Programme. Freund? Feind? Kann er was oder kann er nichts? Ich habe den Eindruck, dass diese ganz basalen Dinge immer noch funktionieren. Sehr faszinierend finde ich Peter Modler, der viel mit weiblichen Führungskräften arbeitet, wie sie eben in Hierarchien gut ihren Raum behaupten können. Und er unterscheidet drei Talk Ebenen: Move Talk, Basic Talk und High Talk.
Move Talk ist wirklich mit dem Körper zu agieren, Körpersprache. Nahe zu kommen, auf jemand zuzugehen, aber auch sich klein zu machen und aus dem Weg zu gehen. Basic Talk, das sind kurze Sätze, die zum Beispiel die Hierarchie klären. Ich bin hier Chefin, du bist der Lehrling. Und High Talk nennt er das Sprechen über den Inhalt.
Nach seiner Erfahrung ist es hilfreich für Menschen, die das Gefühl haben, sie werden nicht gehört, Basic und Move Talk bewusst einzusetzen. Und nicht nur über Inhalte kommunizieren. Also ich habe was zu sagen und dafür nehme ich mir Raum.
Echtheit und Resilienz
Ich würde gerne noch eine Sache einwenden, die mir auffällt, wenn wir etwas genereller reden. Für mein Buch TALK habe ich unzählige Vorträge, natürlich auch TED Talks gehört und analysiert. Und mir ist aufgefallen: In dem Moment, wo die Leute wirklich etwas zu erzählen haben und vielleicht noch einen gewissen Humor mitbringen, ändert sich das ganze Spiel.
Diese Ordnung der drei Arten zu kommunizieren, die du eben erzählt hast, es ist wichtig, sie auf dem Zettel zu haben und zu reflektieren: Wie nutze ich welche Art von Talk am besten? Aber ich glaube, wenn wir sagen, wie werden dieser breitbeinige Affe, dann geht das am Ziel vorbei. Oder übers Ziel hinaus.
Bei mir sind es häufig gemischte Gruppen und ich stelle fest, dass insbesondere die Stimme wichtig ist und die Ruhe, die vielleicht im Erzählen liegt. Ein Gefühl von Echtheit. Es überträgt sich auf die anderen.
Manche Leute nutzen nicht so gerne intensiv Körpersprache und die nehmen sich den Raum zum Beispiel mit der Stimme.
Es geht mir darum, die Möglichkeiten zu erweitern und natürlich immer in dem Moment, wo ich gerade bei der Körpersprache etwas Neues ausprobiere oder auch stimmlich, ist es erst mal fremd und nicht meins. Ich lade in Kursen gerne ein: Probier mal was! Geh mal aus deiner Comfort Zone! Und erst nach einer Weile, merkst du: Ist es was für mich oder nicht?
Mich mit meinen Werten verbinden
Es gibt so tolle Studien, wie wir resilienter werden, wenn wir uns kurz vor einem stressigen Moment noch mal mit unseren Werten verbunden haben. Wir nehmen eine Situation als viel weniger stressig wahr, haben weniger Angst und bewerten das Ganze positiver.
Das wäre, finde ich, die innere Arbeit, um zu Selbstvertrauen zu kommen. Wir lösen uns von einer Spannung oder Aufregung und gewinnen dadurch auch wieder ein Mehr an Raum. Aber natürlich soll es kein Zuviel sein.
Wie wirke ich jetzt auf euch?
Balance ist wichtig. Generell fasziniert mich an Vorträgen, dass eben nicht alle gleich sind. Die Differenz ist das, was die Faszination bewirkt. Zum Beispiel Meghan Markle. Es gibt einen berühmten Talk von ihr vor den United Nations, da spricht sie 100 Worte pro Minute. Das ist wahnsinnig langsam. Man hat das Gefühl, sie schläft beim Reden ein. Auch die gesamte Körpersprache ist träge. Trotzdem ein guter Talk. Dagegen Tony Robbins, der legendäre Coach. Er überholt sich selbst beim Reden.
Und ich finde, das macht die Faszination aus. Wir können damit spielen, um rauszufinden, wo sind meine Grenzen. Aber ich finde es toll, dass es beides gibt und dass jede, jeder das auf ihre oder seine Art machen kann. Auf die bestmögliche Art, die ihr oder ihm zur Verfügung steht. Wollen wir zum Stand kommen?
Ich fange immer mit dem Stand an, wenn ich mit Menschen arbeite. Dann stelle ich mich so hin und sage: Also ich habe ja sitzend begonnen, ich möchte auf Augenhöhe mit euch sein.
Und dann sage ich: Aber jetzt stehe ich mal. Dann stelle ich ein Bein vors andere, also stehe so über Kreuz. Dann kreuze ich auch noch die Hände vor meinem Oberkörper und sage: So, wie wirke ich denn jetzt auf euch? Und dann: Seid ruhig ehrlich. Schüchtern, unsicher? Und was denkt ihr jetzt in Bezug auf meine Kompetenz als Sprechtrainerin? Na ja, fängt vielleicht gerade erst an.
So, also da kommen vorsichtig Bewertungen. Dann stelle ich mich anders hin, habe so ein Standbein und ein Spielbein und die Hand so in der Seite gestützt. Und auf einmal ist eine ganz andere Wahrnehmung. Ja, arrogant wirkst du jetzt. Über deine Kompetenz können wir nichts sagen, aber irgendwie hast du keinen Bock auf uns. Dann sage ich ihnen: Schaut, es ist immer derselbe Körper gewesen. Aber die Bewertung ist total anders.
Und wenn ich mal schubse?
Wir sehen den Körper und schließen auf den gesamten Menschen, auf seine Fähigkeiten. Und das kommt mir dann natürlich zupass, wie sein Stand eigentlich uns etwas erzählt über den Standpunkt, den er vertritt und wie sicher er diesen vertritt. Und ich glaube, dass etwas in uns das abcheckt. Ein uraltes Viech, das schon vor Jahrtausenden mit dabei war, das checkt ab, wenn ich den jetzt mal schubse, mal eine Kritik gebe oder hinterfrage, fällt derjenige um oder bleibt er stehen? Hat er einen sicheren Standpunkt?
Das übe ich dann mit den Leuten. Und wenn von der Seite im übertragenen Sinne eine Kritik kommt, ein Angriff, ein Widerwort, können sie sich dorthin wenden, sich das anhören und immer noch entspannt sagen: Ja, finde ich eine interessante Meinung. Meine sieht aber anders aus.
Da verbinde ich zwei Ebenen, behalte Stand und Standpunkt und bin trotzdem nicht rigide. Und das finde ich als Ausgangsposition gut, wenn mein Ziel ist, Souveränität und Sicherheit auszustrahlen.
Der souveräne Stand also, das ist häufig ein zentrales Thema bei den Leuten. Das Souveräne zieht sich ja durch alle Elemente der Körpersprache. Wenn wir jetzt die Körperroute noch mal zurückgehen, finden wir das Souveräne in den Händen, in den Augen, in der Art, wie wir die Dinge aussprechen, in der Härte oder Weichheit meiner Lippen. Kann man das sagen?
Ja. Und dann kommen wir wieder zu unserem Waschbären. Es ist manchmal schwierig zu sagen: Jetzt achte mal nur auf deine Hände. Aber ein Bild kann total hilfreich sein. So, ich stehe jetzt hier mal als freudiger Waschbär oder als großer Bär. Und auf einmal über das Bild fließen die Dinge zusammen.
Danke für das sehr schöne Gespräch. Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg bei allem, was du machst.
Danke dir auch, Thomas. Bis zum nächsten Mal.