Die Unternehmensstory erzählen – wie gehe ich am besten vor? Diese Frage wird mir häufig gestellt. Dazu gibt es eine Reihe von Leitfragen und damit verbundene Frameworks. Hier sind sie, erklärt am Beispiel von OpenAI, den Entwicklern von ChatGPT und DALL-E.
Welchen Archetyp repräsentiert das Unternehmen?
Was für einen Typus repräsentiert das Unternehmen? Erzähllogisch eng verknüpft mit dem Masterplot. Bestimmt die Grundrichtung des Storytelling, ohne direkt genannt zu werden.
OpenAI verkörpert mehrere Archetypen, z.B. den Schöpfer und den Magier. Ich sehe vor allem den Entdecker. Sie entdecken als Pioniere eine neue Welt der künstlichen Intelligenz.
Welchem Masterplot folgt das Unternehmen?
In welcher Geschichte bewegt sich das Unternehmen? Sie bestimmt wie die Archetypen die Grundrichtung des Storytellings, ohne direkt genannt zu werden. Wer die Unternehmensstory erzählen will, sollte Masterplot und Archetypen kennen.
Das sind die sieben Masterplots
- Das Monster besiegen
- Vom Tellerwäscher zum Millionär
- Die Suche
- Die Reise
- Tragödie
- Komödie
- Comeback
Auch hier gilt, dass OpenAI eine Reihe von Masterplots zugeordnet werden können. Wenn der Archetyp des Entdeckers als dominant im Storytelling gesetzt wird, dann würde hier entsprechend die Suche Sinn machen. Wäre der Magier gewählt, dann würde der Vom-Tellerwäscher-zum-Millionär-Plot vermutlich stimmiger sein (bezogen auf die Kunden).
Wie lautet der Golden Circle des Unternehmens?
Wie lässt sich das Unternehmen fundamental in einfacher Form beschreiben? Der Golden Circle stellt genau drei Fragen: Why, How, What?
Wozu gibt es OpenAI (Purpose)? Das Ziel von OpenAI ist es, sicherzustellen, dass künstliche allgemeine Intelligenz (KI) der gesamten Menschheit zugutekommt. (Erweitert: Das Unternehmen will die digitale Intelligenz auf eine sichere und mit den menschlichen Werten in Einklang stehende Weise voranzutreiben, um sowohl die Chancen als auch die Herausforderungen der KI zu bewältigen.)
Wie geht OpenAI vor (Prozess)? Das Unternehmen forscht, um das Thema KI voranzubringen, legt dabei den Fokus auf KI-Sicherheit und -Ethik, um die mit KI-Technologien verbundenen Risiken zu minimieren.
Was macht OpenAI (Produkte/ Services)? OpenAI entwickelt fortschrittliche KI-Technologien und -Anwendungen wie GPT-4 und DALL-E.
Wie lautet der Pitch des Unternehmens?
Wie lässt sich das Unternehmen in einem Satz beschreiben, abgeleitet aus dem Match Pitch?
OpenAI ist ein Unternehmen für KI-Forschung und -Einsatz, das sich dafür einsetzt, dass künstliche allgemeine Intelligenz (KI) der gesamten Menschheit zugutekommt, indem es sichere und ethisch vertretbare KI-Technologien entwickelt und seine Ergebnisse weitgehend offen zugänglich macht.
Welche Metaphern erklären, was das Unternehmen macht?
Welche Metaphern übersetzen das, was das Unternehmen macht, für eine breite Zielgruppe und verknüpfen es, wenn möglich, zugleich mit Emotionen?
OpenAI als Anbieter hochkomplexer Technologie nutzt vor allem zwei Metaphern für seine Kommunikation:
- KI als Universaltechnologie, ähnlich wie Elektrizität oder das Internet. Diese Metapher unterstreicht die breit gefächerten Anwendungsmöglichkeiten der KI und ihre Fähigkeit, verschiedene Bereiche vom Gesundheitswesen bis hin zur Unterhaltungsindustrie zu verbessern.
- KI als ein Tool, das die menschlichen Fähigkeiten erweitert. Diese Metapher hilft, die Idee zu vermitteln, dass KI den Menschen unterstützen und befähigen soll, anstatt ihn zu ersetzen, und sie hebt das kollaborative Potenzial der Mensch-KI-Interaktion hervor.
Wie lautet der Claim bzw. die Tagline des Unternehmens?
Wie lässt sich der Kern der Story des Unternehmens in möglichst aktiver Form in wenigen Worten verdichten (à la Starbucks: Wir sind der dritte Ort)?
OpenAI besitzt keine Tagline. Vermutlich weil es eine Mischung aus Non-Profit- und For-Profit-Unternehmen ist und eine starke Tagline vielleicht zu verkäuferisch wirken könnte.
Welche sind die zentralen Emotionen in Verbindung mit dem Unternehmen?
Was sind die zentralen Emotionen in der Story des Unternehmens, formuliert als Gegensatzpaar? Wer die Unternehmensstory erzählen will, sollte diese Emotionen genau kennen.
Mit OpenAI verbinden sich bei in der breiten Masse vor allem zwei Emotionen: Hoffnung und Angst. Parallel dazu Neugier und Respekt.
Wie lautet die Gründungsstory des Unternehmens?
Was ist die Gründungsstory des Unternehmens? Es ist die Geschichte, die vom Ursprung erzählt. Sie lässt sich sehr eng fassen – der Gründungsmoment -, oder auch etwas weiter – die ersten Monate oder gar Jahr.
Bei OpenAI wäre das die erweiterte Gründungsstory:
OpenAI wurde im Dezember 2015 von einer Gruppe hochrangiger Tech-Führungskräfte gegründet, darunter Elon Musk und Sam Altman. Die Gründer sahen sowohl die Möglichkeiten als auch die Risiken, die mit fortschrittlichen KI-Technologien verbunden sind.
Sie wollten eine Organisation gründen, die die KI-Forschung anführt und dabei Transparenz, Zusammenarbeit und das Gemeinwohl in den Vordergrund stellt. Ihre Vision war eine Reaktion auf die rasanten Fortschritte in der KI und das Potenzial für Missbrauch oder unbeabsichtigte Folgen, wenn KI ohne angemessene Sicherheitsvorkehrungen und ethische Reflexionen entwickelt wird.
OpenAI startete als gemeinnützige Organisation mit einem anfänglichen Investment von 1 Milliarde Dollar von den Gründern und anderen Geldgebern, darunter namhafte Persönlichkeiten aus der Technologiebranche. Die Gründer wollten ein Umfeld schaffen, in dem die KI-Forschung frei vom Druck kommerzieller Interessen gedeihen kann und in dem die Vorteile der KI-Fortschritte einem breiten Publikum zugänglich gemacht werden.
2019 ging OpenAI zu einem „Capped-Profit“-Modell über und gründete OpenAI LP, eine gewinnorientierte Tochtergesellschaft. Diese Struktur ermöglicht es OpenAI, das nötige Kapital zu beschaffen, um mit anderen KI-Forschungsorganisationen konkurrieren zu können, während es gleichzeitig seinen Gründungsprinzipien verpflichtet bleibt.
Wer sind die zentralen Storyteller des Unternehmens und deren Heldenreisen?
Wer sind die wichtigsten Storyteller nach innen und außen? Wie lassen sich deren Biografien mit der Unternehmensstory verbinden? Dazu ließe sich ggf. die Heldenreise nutzen, die die Reise der Figuren im Kontext von OpenAI erzählt.
Bei OpenAI sind es vor allem Sam Altman, CEO, und Mira Murati, CTO, die das Unternehmen über Fachkreise hinaus repräsentieren. Sie tragen das Narrativ von OpenAI in seinen verschiedenen Formen in die Welt der Medien und Konferenzen. Sam Altman besetzt als CEO und Investor eher den unternehmerischen und visionären Part. Mira Murati öffnet als Chefentwicklerin Blackboxes. Sie macht KI verständlich entlang von Produkten / Services.
Wer die Unternehmensstory erzählen will, sollte auch seine Story erzählen
Was die Heldenreise betrifft, erzählt z.B. Mira Murati diese Story:
Geboren wurde sie 1988 in Vlora, Albanien, einem Land unter der Herrschaft totalitärer Kommunisten. Zwei Jahre nach ihrer Geburt begann der Übergang in einen liberalen Kapitalismus. Ihre Eltern unterrichteten Literatur. Sie las die Bücher ihrer älteren Schwester, die Lehrer gaben ihr anspruchsvolle Aufgaben, ihr Unterricht folgte einem eigenen Stundenplan. Sie war auf der einen Seite sehr begierig auf Wissen, auf der anderen Seite war sie „unglaublich isoliert“ und „gelangweilt“. Dabei lernte Mira Murati, sich zu fokussieren und „ewig mit einem Problem zu beschäftigen“, eine zentrale Voraussetzung für ihre spätere Arbeit. Sie ging mit 16 für ein Jahr nach Kanada, verbrachte das letzte Schuljahr an einer internationalen Schule in Vancouver.
Dann betritt sie die neue Welt, die Welt des Abenteuers und studierte in den USA Maschinenbau, weil sie die praktische Umsetzung suchte, einen fassbaren Weg, die Realität zu verändern. Sie ging schließlich zu Tesla, beschäftigte sich mit dem Autopiloten und mit künstlicher Intelligenz. Sie erkannte das Potenzial dieser Technologie und war mittendrin in dem Prozess, eine traditionelle Branche wie die Autoindustrie radikal zu verändern. Dann ging sie zu OpenAI: „Es schien mir das Wichtigste zu sein, zu dem ich einen Tribut leisten konnte.“ Open AI markiert für sie das, was die Heldenreise Tod und Wiedergeburt nennt. Mit dem Entschluss, bei OpenAI zu arbeiten, ist sie in einer anderen Welt und richtet ihr Leben radikal neu aus. Sie sagt: „Es schien die letzte Sache, an der wir jemals arbeiten würden.“ Das Ende der Reise ist noch offen.