Starke Headlines wecken Neugier, ziehen Leserinnen und Leser ins Thema und vervielfachen die Wirkung von Beiträgen, Filmen, Vorträgen oder Kampagnen. In diesem Beitrag zeige ich eine Reihe von Tipps & Techniken für Überschriften, die garantiert Interesse wecken.
Warum starke Headlines so wichtig sind
Eine Überschrift entscheidet darüber, ob ein Beitrag, ganz gleich, ob in einem Blog oder einer Zeitung, gelesen wird. Sie entscheidet darüber, ob ein Buch gekauft oder ein Film gesehen wird. Sie entscheidet schlussendlich über die Attraktivität eines Themas, einer Sache oder eines Werks und damit auch über deren wirtschaftlichen Erfolg.
Als ehemaliger Chefredakteur habe ich Tausende von Headlines gefunden, komponiert, optimiert. Es brauchte einiges an Übung, um ein Gefühl für Schlagzeilen zu bekommen, die funktionieren. Es war ein Lernen aus der Praxis – mit direkter Resonanz. Wurde das Magazin gekauft? Der Beitrag geklickt?
Online sind die Lernkurven steil, KI kann sie noch verkürzen. Doch auf der Kreuzung zwischen so unterschiedlichen Bereichen wie Kreativität, SEO, Storytelling, Marke, Gestimmtheit des Publikums sollten Menschen das letzte Wort haben. Menschen, die nicht nur die Tools und Techniken kennen, sondern auch ein Gefühl für die gesamte Situation haben, in der eine Headline erscheint.
15 Tipps & Techniken für starke Headlines
Fragen aufgreifen, die Leser sich stellen
Eine gute Headline reagiert auf das, was Leserinnen und Leser suchen. Sie gibt Antworten auf Fragen, die sich Kundinnen oder Partner stellen. So findet sich auf der Webseite von Apple zum Beispiel der Satz: „Warum du deinen Mac am besten bei Apple kaufst.“ Genau das ist die Frage, weil der Mac doch häufig bei anderen Händlern günstiger zu bekommen ist.
Beispiele:
- Warum du deinen Mac am besten bei Apple kaufst (Apple)
- Bist du unsicher, welche Produkte zu dir passen? (John Frieda)
- Warum Kunden (nicht) kaufen (Katharina Stapel)
- Vernichten Schulen Kreativität? (TED, Sir Ken Robinson)
Ja! Magische Worte verwenden
Es gibt eine Handvoll magischer Worte für Headlines. Sie wirken stark, solange sie nicht inflationär verwendet werden. Solche Worte werden uns bei großartigen Überschriften immer wieder begegnen. Fünf der wichtigen magischen Worte lauten: Wir. Du. Neu. Jetzt. Ja. Die Bild-Zeitung zeigt mit der Schlagzeile „Wir sind Papst“, wie es geht. Natürlich ist er, Josef Ratzinger, Papst, aber die Geschichte, die Bild erzählt, ist größer, sie handelt von Deutschland, von jedem Deutschen – mehr als 80 Millionen Päpste. Es ist eine Geschichte über Nationalstolz anstatt über ein neues Oberhaupt der katholischen Kirche.
Beispiele:
- Wir sind Papst (Bild)
- Neu auf Netflix (Netflix)
- Yes, we can! (Barack Obama)
Wort und Bild kombinieren
Starke Headlines zeichnen sich auch dadurch aus, dass sie auf ein Bild abgestimmt sind. Die WWF-Kampagne zeigt, wie es funktioniert. Ein Bild daraus habe ich als Aufmacher für diesen Beitrag verwendet. Die Idee: Bilder ziehen an, die Headline erklärt knapp und mit einer Aufforderung: „Unterstütze die Tierwelt.“ Eine andere geniale Kampagne, die mit einer einzigen Headline auskommt und lediglich die Bilder tauscht, ist „Think Different“ von Apple. Wer so an das Thema Überschriften herangeht, erledigt die Aufgabe der Grafiker gleich mit.
Beispiele:
- Think different (Apple)
- Give a hand to wildlife (WWF)
So kurz wie möglich
Je kürzer eine Überschrift, desto besser – so die Grundregel. Mit jedem zusätzlichen Wort werden Headlines nur umständlicher und schwerfälliger. Doch der Trick besteht gerade in ihrer Leichtigkeit. Eine gute Überschrift kommt auf den Punkt. Denn ihr Ziel besteht nicht darin, möglichst viel zu erzählen, sondern genug, damit geklickt wird oder recherchiert – oder gekauft.
Beispiele:
- Get Brexit done! (Boris Johnson)
- Der Scham zuhören (TED, Brené Brown)
- Ohrstöpsel im Test: Pssst! (Spiegel online)
- Der Apparat gewinnt immer (Zeit online)
Leser direkt ansprechen
Überschriften, die Leser einbeziehen, wirken stark. Die Headline hat dabei den Charakter einer Antwort in einem Gespräch, das wir vielleicht mit einer Freundin oder einem Freund führen. Dabei lässt sich direkt der Vorteil hervorheben: das Sparen bei Ikea und die Leistungsfähigkeit des Mac.
Beispiele:
- Wenn du es dir vorstellen kannst, kann der Mac es machen (Apple)
- Spare als IKEA Family Mitglied 20 € je 100 € Einkaufswert auf Sessel & Hocker (Ikea)
Zahlen verwenden
Zahlen habe eine eigene Überzeugungskraft. Insofern ist es gut, sie zu verwenden, wenn möglich. Die Zahlen sollten einfach sein, uns ein positives Gefühl für die Größenordnung geben. Idealer überraschen, wie der Bestseller „Die 1%-Methode“. So ist mit der Zahl gleich eine Emotion verbunden – in diesem Fall Neugier oder Vorfreude darauf, mit kleinen Änderungen von Gewohnheiten ein neues, besseres Leben zu führen.
Beispiele:
- 1000 Songs in deiner Tasche (Apple)
- Die Top-10-Tipps für deinen Start in eine vegane Ernährung (This is vegan)
- Die 1% Methode. Minimale Veränderung, maximale Wirkung (James Clear)
Leser auffordern, etwas zu tun
Eine der stärksten Kategorien von Headlines, folgt dem Imperativ, der Befehlsform. Sie spricht die Menschen nicht nur an, sie fordert sie auf eine sympathische Art auf, etwas zu tun. Diese Form von Headlines ist perfekt für Kampagnen aller Art. Oder auch für Claims von Unternehmen. Super kurz, auf den Punkt und einprägsam – das sind die Kriterien.
Beispiele:
- Think different! (Apple)
- Just do it! (Nike)
- Belong anywhere! (Airbnb)
- Join us in shaping the future of technology! (Open AI)
- Ran an die Haribo-Suchnaschine! (Haribo)
Problem und Lösung
Eine Überschrift, bei der Sie das Problem ansprechen und gleichzeitig eine Lösung versprechen, hat eine starke Wirkung. Sie gibt zu verstehen, dass der Absender weiß, womit die Menschen ringen und diese Probleme für sie löst. Das funktioniert konkret (Schneckenproblem), aber auch abstrakt – bei einem Absender wie dem KI-Chiphersteller Nvidia. Man will jetzt mehr wissen: Was für Herausforderungen?
Beispiele:
- Nacktschnecken ohne Gift fernhalten: Diese Tipps helfen (Geo online)
- Lösungen für die weltweit größten Herausforderungen (Nvidia)
- Wie du Stress zu deinem Freund machst (TED, Kelly McGonegal)
Geheimnisse und Rätsel
Pssst! Schon gehört, dass …? Wir lieben Geheimnisse. Werden sie für uns gelüftet, gehören wir zu einem Kreis der Wissenden. „Pssst!“ ist denn auch die Headline der Kommunikationsberaterin Petra Sammer. So macht sie uns neugierig auf das, was sie uns zuflüstern wird. Konkreter Moms Blog: Hier wird uns verraten, wie wir mit 100 Euro Haushaltsgeld eine Woche für eine vierköpfige Familie auskommen.
Beispiele:
- Sag mir, was du magst, und ich verrate dir, wer du bist (Sebastian Friedrich, Anna Müller)
- Ich verrate Dir das Zauberwort im Jobtitel! (Coveo)
- Pssst! (Petra Sammer)
- So reichen 100 € Haushaltsgeld für eine Woche (Moms Blog)
- Ständig werde ich auf meine Haut angesprochen – das ist mein Geheimnis (Vogue)
Ein Versprechen geben
Starke Headlines, die ein Versprechen geben, brauchen vor allem eins: Glaubwürdigkeit. Dale Carnegies Buch zeigt genau, was es verspricht. Es ist auch der Weg des Autors, Carnegie spricht aus Erfahrung. Auf der anderen Seite gibt es scheinbar absurde Formulierungen wie die 4-Stunden-Woche. Klingt verrückt, so verrückt, dass man es fast schon wieder glauben mag.
Beispiele:
- Wie man Freunde gewinnt und Menschen beeinflusst (Dale Carnegie)
- Get answers. Find inspiration. Be more productive (Open AI)
- Die 4-Stunden-Woche (Timothy Ferriss)
Vorteile statt Fakten
Zahlen und Fakten sind die eine Seite, die andere Seite ist der Nutzen, der daraus entsteht. Die Antwort auf die Frage: Was bringen mir denn das Comfort-Paket der Telekom? Warum ist Apple-Watch so teuer? Natrium-Akkus für Elektroautos? Die Überschrift von E-Fahrer zeigt, wie sich durch einen Doppelpunkt die Fakten mit den Folgen klammern lassen.
Beispiele:
- Zuhause stabiles W-Lan (Telekom)
- Natrium statt Lithium: Chinesen beweisen, dass Akkus auch bei -40 Grad laufen (E-Fahrer)
- Ein CO₂ neutraler Meilenstein an deinem Handgelenk (Apple)
Eine Story erzählen, die Leser mitnimmt auf eine Reise
Eine geniale Headline enthält einen Spannungsbogen und nimmt Leserinnen und Leser mit auf eine Reise. Ein Beispiel für so eine Überschrift gibt Donald Trump, der alles, wofür er einsteht, unter vier Worte subsummiert, die von einer Zeit der Größe, vom Verfall und von zukünftiger neuer Größe erzählen. Jeder kennt diese vier Worte.
Beispiele:
- Make America great again (Donald Trump)
- Der Weg zu den Besten: Die sieben Management-Prinzipien für dauerhaften Unternehmenserfolg (Jim Collins)
- Die Schöne und das Biest (Walt Disney)
Auf ein einziges Wort vertrauen …
… und einen erklärenden Anschluss schreiben. So macht es Susan Cain in ihrem genialen Buch über Introvertierte – Originaltitel: „Quiet.“ Auch bei Filmen wird häufig auf ein starkes Wort vertraut. Nehmen wir James Cameron: „Titanic“, „Terminator“, „Avatar“. Keine Erklärungen – das Wort muss die Faszination in sich tragen und in Verbindung mit einem Plakat funktionieren. Der Vorteil eines – möglichst kurzen – Wortes besteht auch darin, dass es sich groß und plakativ schreiben lässt. WOW nennt das amerikanische E-Commerce-Unternehmen Zappos seine Kultur. Ein Wort, drei Buchstaben. Knapper geht es kaum.
Beispiele:
- Still. Die Kraft der Introvertierten (Susan Cain)
- Titanic (James Cameron)
- Wow (Zappos)
Zitate nutzen
Anführungszeichen stehen für Echtheit. Wahrheit. Auch für Expertise, je nachdem, was ausgesagt wird. Bei dieser Form von Headline zieht das Zitat die Aufmerksamkeit auf sich. Sie braucht zumindest die Namensnennung oder ein Bild, wenn die Person bekannt ist.
Beispiele:
- Nationalspieler Deniz Uday: „Ob es einen Spieler wie mich gibt? Mir fällt keiner ein“ (Spiegel online)
- Angela Merkel: „Ich dachte: Wahnsinn! Was ist denn hier los?“ (Zeit online)
- Tom Kaulitz über nerviges Morgenritual von Heidi Klum: „Dann fühlt man sich schlecht“ (Bunte online)
SEO beachten
Wer bei Google und Co. gefunden werden will, braucht eine Headline, die SEO-relevant ist. Konkret: Sie sollte Keywords enthalten, die potenzielle Leser suchen. Das zentrale Keyword gehört in die Überschrift. Manchmal klingt das allerdings sperrig und unelegant.
Daher empfehle ich einen Trick, den viele Medien anwenden: Sie zerlegen die Überschrift in zwei Teile und nutzen dazu einen Doppelpunkt oder auch einen Bindestrich. Ich nutze diese Technik für starke Headlines in meinen Sachbüchern und auch häufig in diesem Blog, weil sich so auf genial einfache Art kreative und zugleich klare Überschriften formulieren lassen.
Beispiele:
- Meine ADHS – Störung oder Superkraft? (Zeit online)
- Reden als Baukasten: Von Wolodymyr Selenskyj lernen (TALK, Thomas Pyczak)
- Veganer Schokokuchen – einfach & saftig lecker (Einfach backen)
Fazit: Starke Headline, starkes Interesse
Gute Überschriften sind das wichtigste Element eines Textes. Sie entscheiden darüber, ob weitergelesen wird oder nicht. Wir können das Thema an ChatGPT oder Perplexity delegieren und bekommen mit hoher Wahrscheinlichkeit Headlines, die gut genug sind.
Verlassen Sie sich aber zugleich auf Ihre Intuition. Und nutzen Sie dafür die hier beschriebenen Techniken. Denn nur Sie können magische Headlines zaubern.
Die hier beschriebenen Tipps und Techniken zeigen, wie wir in der Headline Leserinnen und Leser mit auf eine Reise nehmen. Und wie wir in wenigen plakativen Worten einen Köder für unseren Text, unser Produkt, unsere Welt bauen. Wie wir Fakten in Vorteile umwandeln und die Menschen auffordern, etwas zu tun.